neues deutschland: Ökonom Hickel: Griechenland ist noch nicht aus der Krise
Berlin (ots)
Der Ökonom Rudolf Hickel hält die wirtschaftliche Lage Griechenlands weiterhin für prekär. "Griechenland kehrt in die viel zu wenig ökonomisch vorbereite Abhängigkeit der Finanzmärkte zurück", sagte Hickel anlässlich des Endes des dritten Kreditprogramm für Athen der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" (Montagausgabe). Das in diesem Jahr erwartete Wirtschaftswachstum von knapp zwei Prozent und die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit von fast 20 Prozent ließen eine eigenständige Zahlungsfähigkeit für neue Kredite in den nächsten Jahren nicht erwarten. Den Grund für die weiterhin schlechte Lage sieht Hickel in der von den Geldgebern "aufoktroyierten Austeritätspolitik". "Von 2008 bis 2016 sind die Staatsausgaben um 30 Prozent gekürzt worden. Das hieß Abbau des öffentlichen Dienstes, Lohnkürzungen, Reduktion sozialer Leistungen bis hin zur medizinischen Unterversorgung. Und dazu kam noch die Privatisierung nach dem Prinzip des Rosinenpickens für Investoren aus dem Ausland", so der Bremer Wirtschaftswissenschaftler. Durch dieses Spardiktat sei die Wertschöpfung der privaten Unternehmen seit 2007 um knapp 38 Prozent geschrumpft. Getroffen habe dies insbesondere die Kleinstunternehmen, die 60 Prozent zur Wertschöpfung beigetragen hatten. Heute lebe jeder dritte Grieche in Armut. "Diese Kreditvergabe mit Austeritätspolitik ist ein erneuter Beleg für den Mega-Irrtum des Neoliberalismus", so Hickel. Jedoch hält der Ökonom den Kreditgebern zu Gute, Griechenland mit den Kreditprogrammen von den Finanzmärkten abgekoppelt zu haben. Auf dem Höhepunkt der Krise sei dort massiv auf die Pleite des Landes gewettet und damit viel Geld verdient worden. "Derartige Spekulationsgeschäfte gegen einen Staat der Eurozone hatte ich vor 2010 nicht für möglich gehalten", erklärt Hickel. So sei eine Lehre der Krise bekanntlich auch, "dass man im Euroland eine Währungsinstitution braucht, die so etwas künftig verhindern kann, weshalb der ständige Eurorettungsschirm ESM geschaffen wurde".
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