"nd.DerTag": Wann ist Schluss? - Kommentar zum Streit um einen vorgezogenen Kohleausstieg im Osten Deutschlands
Berlin (ots)
Am bequemsten ist es im politischen Streit, wenn sich jede Seite einmauert und die eigenen Vorurteile pflegt. Genau dahin scheint das Thema eines vorgezogenen Braunkohleausstiegs abzugleiten. Überspitzt formuliert werfen die einen dem Osten vor, sich dem Klimaschutz zu verweigern, während die anderen dem politischen Berlin vorhalten, eine Art neue Treuhandpolitik zu planen. Beim Streit darüber, ob oder ob nicht, gerät die zentrale Frage - wie der klimapolitisch notwendige frühere Ausstieg sozialverträglich gelingen kann - völlig aus dem Blick.
Beide Seiten geben ein klägliches Bild ab. Zuvorderst der Bund, der ja das Aufschnüren des Kohlekompromisses aufs Tapet bringt: Die Machbarkeitsstudie zum Ausstieg 2030, die Grundlage für eine sachliche Debatte wäre, ist seit Monaten überfällig. Und dann verweigert man eine gesamtdeutsche Lösung, schließt zunächst einen für das Rheinische Revier bequemen Deal. Wenn ostdeutsche Landespolitiker kategorisch Nein sagen, müssten sie schon jetzt viel Geld zurücklegen. Die Braunkohleverstromung dürfte in wenigen Jahren unrentabel sein. Und der Hinweis auf die Stärkung der Rechten geht ins Leere. Die AfD dürfte erst recht profitieren, wenn sich die Fronten weiter verhärten und sich energiepolitisch gar nichts bewegt.
Der bessere Weg wären ernsthafte Verhandlungen über ein gesamtdeutsches Konzept zum früheren Kohleausstieg. Eine Einigung würde kompliziert werden und sicher Geld kosten, ist aber ganz und gar nicht unmöglich. Vielleicht geriete dann wieder das eigentliche Problem hinter dem Ausstiegsstreit in den Blick: die fehlenden sozialen und wirtschaftlichen Perspektiven für die vielen strukturschwachen Gebiete nicht nur, aber vor allem im Osten. Streitet darüber überhaupt noch jemand?
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