nd.Der Tag zum Justizumbau in Israel
Berlin (ots)
Die Ausdauer, mit der Zehntausende Israelis fast jedes Wochenende auf die Straße gehen, ist beeindruckend. Auch an diesem Wochenende waren es wieder mehrere Hundertausend - bei gerade mal zehn Millionen Einwohnern. Offensichtlich empfindet ein großer Teil der israelischen Bevölkerung hautnah die möglichen Gefahren eines Gesetzesvorhabens, mit dem das Oberste Gericht in seinen Kontrollfunktionen beschnitten werden soll. Diese Ängste sind real und formaljuristisch wie demokratietheoretisch nachvollziehbar: Israel verfügt nicht über eine formale geschriebene Verfassung, sondern nur über eine Reihe von Grundgesetzen, die Verfassungscharakter haben. Diese können mit einfacher Parlamentsmehrheit geändert werden.
Die israelische Gesellschaft ist tief gespalten. Das Vertrauen in die von Benjamin Netanjahu geleitete rechtsradikale Regierung geht bei den Protestierenden gegen null. Selbst Armeeangehörige und Reservisten, die tendenziell eher konservativen Positionen anhängen, drohen mit Dienstverweigerung - weil sie die Sicherheit und Stabilität des Landes angesichts externer Bedrohungen in Gefahr sehen: Gemeint ist damit der Iran. Begeistert von der Regierungspolitik sind jedoch rechte und religiöse Schichten der Gesellschaft, insbesondere die Siedlerbewegung, die bereits zahlreiche Geschenke in Form von Legalisierung völkerrechtswidriger Ansiedlungen im Westjordanland erhalten hat. Für sie sind mit dieser Regierung goldene Zeiten angebrochen. Von einem Bürgerkrieg zu sprechen, wäre aber überzogen. Letztlich handelt es sich bei den sich bekriegenden Fraktionen um zwei Seiten einer Medaille: die eine liberal und eher a-religiös, die andere traditionell und ultra-religiös. Und beide wollen nichts wissen von denen, die unter und neben ihnen leben: den Palästinensern.
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