Neues Deutschland: zur Richtlinienkompetenz
Berlin (ots)
Wer bestimmt die Richtlinien der Politik in einer großen Koalition? Dass darüber öffentlich palavert wird, vor Beginn der Koalitionsverhandlungen und scheinbar ohne Anlass, ist symptomatisch. Ebenso, wer damit begann: Franz Müntefering und Edmund Stoiber. Fürchten die Chefs von SPD und CDU etwa, von ihrer CDU-Kollegin über den (Kabinetts-)Tisch gezogen zu werden? Sie unterschätzen garantiert weder Machtwillen noch Durchsetzungsfähigkeit Angela Merkels. Aber zur »deutschen Maggy Thatcher« fehlt ihr das Entscheidende: der Rückhalt einer Mehrheit - in der Bevölkerung wie in der eigenen Partei, jedenfalls unter den Männern, die beanspruchen, das Sagen zu haben. Nicht nur Kanzler Schröder, auch Kandidatin Merkel hat die Wahl verloren, wie Müntefering und Stoiber. Regieren im Bund können SPD, CDU und CSU nur zusammen. Und das verlangt viele, aus Wählersicht oft »faule« Kompromisse. Damit sie wenigstens in den Parteigremien und von den Abgeordneten akzeptiert werden, versuchen alle Beteiligten, ihrer jeweiligen »Basis« einzureden, dass man die eigenen Positionen ja weitgehend durchgesetzt hat. Das Gerede um Richtlinienkompetenz gehört dazu. Obwohl sie die Kanzlerin in spe gar nicht reklamiert. Im Gegenteil: Wie einst vom »Durchregieren« spricht sie nun davon, dass man eine gemeinsame Politik aushandeln und umsetzen muss. Das geht nicht mit Macht, sondern nur mit Moderation - durch Merkel und Müntefering.
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