Neues Deutschland: zur Sicherheitskonferenz in München
Berlin (ots)
Tragisch ist nach Aristoteles etwas, das Mitleid und Furcht zugleich erregt. So wie Horst Teltschik. Der Mann organisiert die Münchner NATO-Konferenz und hat erklärt, was er von den Protesten gegen das Treffen der Strategen hält: »Es ist die Tragik jeder Demokratie, dass bei uns jeder seine Meinung öffentlich vertreten kann.« In einer Diktatur, schob er nach, würde das nicht passieren. Mit letzterem hat der CDU-Mann Recht. Dass hier zu Lande völlige Meinungsfreiheit herrscht, lässt sich dagegen kaum sagen. So wurde mit Durchsuchungen auf Kritiker der NATO reagiert und der Linksfraktion die Einladung nach München verweigert. Kritik wird ausgeschaltet - oder bleibt als demokratische Folklore ungehört: »Die demonstrieren, wir regieren«, posaunte einst Helmut Kohl. Und Franz Müntefering fertigte kürzlich die Proteste gegen die Rente mit 67 ab: »Das haben wir lange genug diskutiert.« Denk doch, was du willst, Volk. Der Staat bin ich. Wenigstens darf in diesem Jahr gegen das NATO-Treffen demonstriert werden - und Tausende werden den Aufrufen folgen. Teltschik mag für die Kriegskritiker nur Mitleid übrig haben. Ein wenig Furcht lässt die - aristotelisch gesehen - tragische Figur indes auch anklingen. Schließlich könnte sich der Wind ja einmal drehen. Dann wird Horst Teltschik zu Recht fordern dürfen, dass selbst Leuten wie ihm noch zugebilligt wird, seine antiquierte und obendrein gefährliche Meinung öffentlich zu vertreten. Ganz demokratisch eben.
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