Niedergang des SED-Regimes bedeutete Befreiungsschlag für viele Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Familien
Rund 120 Lebenshilfe-Vereinigungen in den neuen Bundesländern werden 20 Jahre alt
Berlin (ots)
Am 7. April 1990 - nur wenige Monate nach dem Mauerfall - wurde in Ostberlin die "Lebenshilfe DDR" gegründet. Für die Eltern von Kindern mit geistiger Behinderung war das geradezu ein Befreiungsschlag: endlich Erfahrungsaustausch, Chancen auf Förderung, Bildung und Teilhabe. Rund 120 Orts- und Kreisvereinigungen der Lebenshilfe in den neuen Ländern feiern in diesem Jahr bereits ihr 20-jähriges Bestehen. "Eine echte Erfolgsgeschichte, die zeigt, welche Kraft eine starke Vereinigung wie die Lebenshilfe entfachen kann", so Robert Antretter, Bundesvorsitzender der Lebenshilfe.
Schnell nach der Grenzöffnung hatten Angehörige von Menschen mit geistiger Behinderung aus der damaligen DDR Kontakte zur "Lebenshilfe West" gesucht. Denn Selbsthilfe war bis dato in der DDR unterdrückt worden. Das SED-Regime wünschte keine Zusammenkünfte von Eltern, die an den Zuständen hätten Kritik üben können. Trotz engagierter Bemühungen zumeist kirchlicher Träger gab es so gut wie keine Hilfen für Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Familien.
"Gefangen, gequält, vergessen", titelte der STERN im Juni 1990, und in der Lebenshilfe-Zeitung berichteten Vorstandsmitglieder von den erschreckenden Verhältnissen in einem Kreispflegeheim - von Kindern, die "wie Hunde in einem Zwinger" vegetierten, von einem Jungen, der "gewaltsam mit Medikamenten vollgepumpt" wurde. Schwerst- und mehrfach behinderte Jugendliche wurden nicht selten nach ihrem 18. Geburtstag ins Altersheim abgeschoben.
Gleich in der Wendezeit ergriffen Eltern aus der DDR die Chance, von der bis dahin 30-jährigen Erfahrung der Bundesvereinigung Lebenshilfe zu profitieren. Die Lebenshilfe-Zeitung übernahm die Rolle als Kontaktbörse zwischen Familien und Experten der Behindertenhilfe. Es begann ein lebhafter Austausch zwischen "östlichen" und "westlichen" Lebenshilfe-Mitstreitern. In den Monaten zwischen dem Mauerfall im November 1989 und der Wiedervereinigung im Oktober 1990 bildeten sich in der DDR mehr als 120 örtliche Lebenshilfe-Vereinigungen.
Schon Ende Januar 1990 hatte sich während einer Tagung der "alten" Bundesvereinigung Lebenshilfe in Marburg eine Gruppe von DDR-Eltern und Fachleuten organisiert, die eine "Konzeption zur Partnerschaft" entwickelte. Die Initiativgruppe bereitete schließlich auch die Gründung des Lebenshilfe-Dachverbandes auf dem Gebiet der DDR am 7. April 1990 vor.
Nach der Wiedervereinigung trat am 9. und 10. November 1990 die erste gesamtdeutsche Mitgliederversammlung der Bundesvereinigung Lebenshilfe zusammen. Aus der jungen DDR-Lebenshilfe und der Lebenshilfe der alten Länder wurde eine starke gesamtdeutsche Gemeinschaft mit insgesamt 527 örtlichen Vereinigungen und 16 Landesverbänden. In mehr als 3200 Einrichtungen und Diensten der Lebenshilfe werden heute rund 170.000 behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene gefördert und begleitet. Mehr Informationen unter www.lebenshilfe.de .
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Peer Brocke
Bundesvereinigung Lebenshilfe
für Menschen mit geistiger Behinderung e. V.
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