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EU: Gentechnik-Abstimmung vorerst vom Tisch: Berufsimker fordern genauere Risikoprüfung

EU: Gentechnik-Abstimmung vorerst vom Tisch: Berufsimker fordern genauere Risikoprüfung
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EU: Gentechnik-Abstimmung vorerst vom Tisch

Berufsimker fordern genauere Risikoprüfung

Letzten Mittwoch kam eine vorerst gute Nachricht aus Brüssel. Eine schnelle Entscheidung des EU-Rats zur Erleichterung gentechnischer Methoden in der Landwirtschaft ist erst einmal vertagt. Der Deutsche Berufsimkerbund sieht in der jetzt gewonnen Zeit, eine Chance die zahlreichen wissenschaftlichen Bedenken noch einmal zur Diskussion zu bringen und gründlicher abzuwägen.

Widerstand aus Polen und Ungarn

Der „COREPER“-Ausschuss bereitet die Beschlüsse des EU-Rats vor. Eigentlich wollte die amtierende belgische EU-Ratspräsidentschaft mit seiner Hilfe am Mittwoch ihren Vorschlag, die Regeln für den Einsatz neuer genomischer Techniken (NGT) zu lockern, durch eine Einigung im Coreper vorantreiben – noch vor dem Wechsel der Ratspräsidentschaft an das gentechnik-kritische Ungarn ab Juli. Aber ein Mehrheitsbeschluss war offenbar nicht in Sicht und das Thema wurde in letzter Minute von der Tagesordnung genommen. Insbesondere für Polen mit seiner kleinstrukturierten Landwirtschaft stand u.a. die Bezahlbarkeit von patentiertem GVO-Saatgut infrage.

Der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund (DBIB) hatte bereits im März die Abgeordneten des Europäischen Parlaments angeschrieben und seine Bedenken vor einer übereilten Entscheidung beim Thema NGT mitgeteilt. Denn der wissenschaftliche Diskurs ist hier längst nicht abgeschlossen. Maßgebliche Institutionen warnen schon lange und haben deutliche und kritische Stellungnahmen verfasst. Noch am 25. Juni, nur einen Tag vor der Entscheidung, haben mehrere europäische Organisationen aus Umweltschutz, Landwirtschaft, Imkerei und Lebensmittelproduktion, darunter auch der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund (DBIB) noch einmal eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht in der sie deutlich fordern, dass die Regulierung von NGT-Pflanzen künftig eine verpflichtende Risikoprüfung vorsieht, dafür sorgt, den Überblick über alle in Verkehr gebrachten NGT-Pflanzen zu behalten, ein Monitoring über die Auswirkungen durchzuführen, sowie Anbau und Produktion so zu trennen, dass die traditionelle Lebensmittelproduktion geschützt bleibt. Auch die Rückverfolgbarkeit und die Kennzeichnung der Endprodukte müsse gewährleistet sein. Die Vorschläge, die von der belgischen Ratspräsidentschaft bisher vorgelegt wurden, erfüllen diese Anforderungen nicht.

Gentechnik ist nicht „wie Züchtung“

Insbesondere das oft angeführte Argument die gentechnischen Eingriffe seien mit herkömmlicher Züchtung zu vergleichen, sind Augenwischerei. Das Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie, Testbiotech, warnt, das mit Werkzeugen wie der Gen-Schere CRISPR/Cas neue Genkombinationen und züchterische Eigenschaften erzielt würden, die weit über die einer konventionellen Züchtung hinausgingen. Das gelte auch, wenn keine Gene eingefügt würden. Auch könnten sich unbeabsichtigten Effekte erheblich von solchen aus herkömmlicher Züchtung unterscheiden. Oft würde die Gen-Schere oft auch genutzt, genetische Veränderungen konventioneller Züchtungen nachzuahmen, um Patente ausweiten zu können.

EU-Kommission will kein Monitoring

Eine weitere Forderung ist eine Einzelfall-Risikobewertung aller Pflanzen aus neuer Gentechnik (NGT) nach dem Vorsorgeprinzip und ein Langzeitmonitoring. NGT-Pflanzen, die in der Umwelt überdauern und sich ausbreiten können, müssen auf mögliche schädliche Auswirkungen für Bestäuber und Nahrungsketten im Ökosystem geprüft werden. Die Freisetzung nicht risikogeprüfter Gentechnik wäre eine Gefahr für Bienen und andere Bestäuber und für die Ernährungssicherheit künftiger Generationen. Die EU-Kommission sieht bislang kein Monitoring der freigesetzten Gentechnikpflanzen vor. Die weltweit drittgrößte wissenschaftliche Gesellschaft auf dem Fachgebiet der Ökologie (GFÖ) bezeichnet Gentechnik ohne Risikoprüfung als „ernsthafte Bedrohung für die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Nachhaltigkeit.

Gentechnisch veränderter Pollen im Honig?

Uns Imkern macht zudem ein möglicher Eintrag in den Honig von gentechnisch verändertem Pollen und Nektar Sorgen, was neben Fragen der Bienengesundheit und der Wahlfreiheit der Verbraucher auch rechtliche Fragen bezüglich der Patentierung von Pflanzen aufwirft. Aber die Biene selbst steht auch schon lange im Visier der Industrie: Man will sie mit CRISPR/CAS-Technologie resistent gegen Pestizide machen und sie vor Insektengiften „schützen“. Das Ziel scheint also zu sein, statt weniger, noch mehr Pestizide auf den Markt und in die Umwelt zu bringen.

Umweltschutzorganisationen begrüßen Entscheidung

Der Berufsimkerbund steht eng im Austausch mit anderen Umweltschutzorganisationen. Bernd Rodekohr, Projektleiter »Schützt die Biene vor Gentechnik« bei der Aurelia Stiftung begrüßt die aktuelle Entscheidung: „Zu Recht ist die belgische Ratspräsidentschaft damit gescheitert, Gentechnik im Sinne der großen Agrarkonzerne zu deregulieren. Weder bei den EU-Mitgliedstaaten, noch bei den Bürgerinnen und Bürgern gibt es eine Mehrheit für patentierbare Gentechnikpflanzen ohne Kennzeichnung und Risikoprüfung. Die Politik muss sich endlich eingestehen: Gentechnik ohne Risikoprüfung wird die systemischen Probleme der Landwirtschaft nicht lösen, sondern die Risiken für das Ökosystem vergrößern.“ Auch Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) sieht die Vertagung positiv: „Das gibt den nötigen Spielraum, um die Mitgliedstaaten weiter von notwendigen Änderungen am Vorschlag der EU-Kommission zu überzeugen. Verbindliche Koexistenzmaßnahmen, die Bereitstellung von Nachweismethoden und die Kennzeichnung entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind unabdingbar, um auch bei der neuen Gentechnik Transparenz und Wahlfreiheit zu erhalten.“

Der DBIB betont, jetzt die Chance zu nutzen, alle ungeklärten Fragen auf den Tisch zu bringen, um eine Diskussion und Abwägung der Risiken einzufordern. Die Entscheider haben nun ausreichend Zeit, sich gründlich mit diesem hochkomplexen Thema auseinander zu setzen.

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DBIB/Janine Fritsch

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