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Aachener Nachrichten: Die Kriegsverantwortlichen - Nicht nur die Hamas ist verantwortlich für die Gewalt; Kommentar von Joachim Zinsen

Aachen (ots)

Kriege sind verhasst. Von den meisten Menschen werden Militärschläge allenfalls dann akzeptiert, wenn sie der Verteidigung dienen. Deshalb versuchen Regierungen jeden ihrer Waffengänge als defensive Maßnahme darzustellen. Der Krieg, heißt es dann, ist uns aufgezwungen worden. Das war vor hundert Jahren so. Das ist auch heute noch so. Die israelische Regierung erklärt, bei dem Gaza-Krieg handele es sich um einen Verteidigungskrieg. Die meisten westlichen Regierungen und der größte Teil der Medien haben diese Sichtweise übernommen. Sicher: Angesichts des Todes von hunderten Frauen und Kindern gibt es inzwischen heftige Kritik am exzessiven Ausmaß der Angriffe. Aber die Grundbehauptung der israelischen Regierung, sie wolle mit den Einsätzen nur die eigene Bevölkerung schützen, wird nicht hinterfragt. Doch stimmt das? Wir sollten zumindest ein Fragezeichen setzen. An den Ursachen für die Gewalt im Nahen Osten hat sich seit Jahrzehnten nichts geändert. Wesentliche Gründe sind die völkerrechtswidrige Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel, der permanente Landraub im Westjordanland durch jüdische Siedler, aber auch die Weigerung der Hamas, das Existenzrecht Israels anzuerkennen. Doch neben Ursachen gibt es für einen Krieg immer auch einen Auslöser. Wie kam es zu dem neuen Blutbad, was und wer war verantwortlich für die jüngste Eskalation? Ein kurzer Rückblick. Gescheiterte Friedensmission Vor Wochen scheiterte erneut eine Nahost-Friedensmission. Dieses Mal musste US-Außenminister John Kerry kapitulieren. Maßgeblich dazu beigetragen hatte die starrköpfige Haltung der Regierung von Benjamin Netanjahu in der Siedlungspolitik. Die palästinensische Seite reagierte auf das Scheitern der Verhandlungen mit der Bildung einer Einheitsregierung aus den beiden verfeindeten Parteien Fatah und Hamas. Die EU und die USA begrüßten den Schritt. Netanjahu hingegen erklärte, die neue Regierung mit aller Macht bekämpfen zu wollen. Dann der Mord an drei Siedler-Jugendlichen. Netanjahu machte dafür umgehend die Hamas verantwortlich. Die Spitze der Islamisten bestritt jede Beteiligung. Inzwischen gibt es auch aus israelischen Quellen Hinweise darauf, dass das Verbrechen tatsächlich nicht von der Hamas-Führung in Auftrag gegeben worden war, sondern auf das Konto einer kleinen Extremisten-Gruppe ging und dass die Regierung in Jerusalem das sogar schnell wusste. Netanjahu aber nahm die Bluttat zum Anlass, hunderte Anhänger der Hamas im Westjordanland festzunehmen. Mehrere Palästinenser wurden bei den Razzien von israelischen Einsatzkräften erschossen. Als Reaktion darauf wurden aus dem Gaza-Streifen Raketen auf südisraelische Städte abgefeuert. Erst als daraufhin die israelische Armee die Palästinenser-Enklave massiv bombardierte, intensivierte die Hamas den Beschuss. In die Radikalität getrieben Wer angesichts dieses zeitlichen Ablaufs der Hamas die alleinige Schuld an dem Krieg zuschiebt, macht es sich zu einfach. Nicht nur die Islamisten, die sich nun als die wahren Vertreter der palästinensischen Sache aufzuspielen versuchen, auch maßgebliche Teile der israelischen Regierung haben die gewaltsame Auseinandersetzung gesucht. Sie wollen die Hamas, die sicherlich keine Friedensbewegung ist, in der Terrorecke halten. Politisch verbindet die Regierung Netanjahu damit zwei Ziele. Zum einen versucht sie so zu verhindern, dass die Hamas in einen politischen Prozess eingebunden wird und die Palästinenser auf internationaler Bühne mit einer Stimme sprechen können. Zum anderen lässt sich ihre Besatzungs- und Annektionspolitik im Westjordanland nur dann noch den Verbündeten vermitteln, wenn man einen Feind vorweisen kann, der eine tödliche Gefahr darstellt. Letztlich sieht die israelische Rechte in der Hamas und einer palästinensischen Gesellschaft, von der Teile durch die ständige Konfrontation in die Radikalität getrieben werden, die Garantie dafür, den Status Quo aufrecht erhalten zu können. Die Israelis aber werden nur dann in Sicherheit leben, wenn sie mit den Palästinensern einen gerechten Ausgleich finden. Dazu gehört unabdingbar die Bereitschaft, sich aus allen 1967 besetzten Gebieten zurückzuziehen. Solange es keine Zwei-Staaten-Lösung gibt, wird die Gewalt immer wieder aufflammen.

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