MEDIENTAGE MÜNCHEN: Junge Menschen einfach machen lassen
München (ots)
Junge Leute sind politisch interessiert, doch mit den herkömmlichen Formaten in den etablierten Medien erreicht man sie nicht mehr. Darüber waren sich die Teilnehmer einer Diskussionsveranstaltung der MEDIENTAGE MÜNCHEN zum Thema politische Bildung einig. Nicht zuletzt seit der großen Resonanz auf Rezos Video "Die Zerstörung der CDU" ist klar: Die Generation Z kommuniziert anders und informiert sich auch anders. Darauf müssten die Politiker endlich reagieren, wenn sie von den jungen Leuten ernst genommen werden wollten, forderten die Teilnehmer der Podiumsdiskussion. "Aus Angst vor Kontrollverlust setzen sie weiterhin auf die ihnen vertrauten Medien", kritisierte Tilo Jung, Chefredakteur des YouTube-Formates "Jung & Naiv", und stellte fest: "Die junge Generation ist nicht Politik-, sondern Politiker-verdrossen." Er selbst habe für "Jung & Naiv" sowohl von Innenminister Horst Seehofer als auch vom Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder eine Zusage für ein Interview. Gekommen sei aber noch keiner von beiden. "Bei mir wissen sie eben nicht, was auf sie zukommt", vermutete Jung. Der These, dass eigentlich alle Parteien die jungen Zielgruppen nicht ernst genug nehmen, stimmte auch der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken zu. Über seinen YouTube-Kanal versuche er mit seiner Community im Austausch zu bleiben: "Die Kommunikation von Politikern über Social Media kann den Diskurs bereichern. Stumpfe Propaganda dagegen nicht." Doch die Angst vor Hasskommentaren halte noch viele davon ab, hier aktiv zu werden. Dabei waren sich alle auf dem Podium einig, dass die klassische Talkshow die Generation Z nicht mehr erreiche. "Politische Formate sprechen immer wieder die gleiche, bereits politisch interessierte Zielgruppe an", bedauerte Daniela Woytewicz, die beim WDR für Formatentwicklung und Projektmanagement des Content-Netzwerks funk zuständig ist. "Doch es gibt eben nicht nur die eine Zielgruppe, die eine Plattform." Mit funk versuche sie über Themen wie beispielsweise Tierschutz in der Kosmetik ganz neue Zuschauer zu erreichen. Mit der YouTuberin Esra Karakaya ("BlackRockTalk") startet der WDR ab November außerdem den "Karakaya-Talk", der sich deutlich von etablierten Formaten abheben und "unangenehm" sein soll, wie Esra Karakaya betonte: "Wir laden ganz bewusst keine Prominenten ein, sondern Menschen, die gesellschaftlich nicht gesehen werden." Sie appellierte an Medien und Politiker, mehr Mut zu haben, auch Fehler zu machen. Den Mut, junge Menschen einfach mal machen zu lassen, forderte Melanie Stein, Moderatorin des Stern-Online-Polittalks "stern Diskuthek". "Uns hat die Orientierung in klassischen Talkshows gefehlt. Statements blieben einfach so im Raum stehen. Deshalb haben wir einen direkten Faktencheck eingebaut und versuchen die Gäste zu zwingen, sich klar zu positionieren." "Diese ständigen Floskeln stoßen die jungen Leute ab", zeigte sich auch Daniela Woytewicz überzeugt. Vielmehr sei es notwendig, im ständigen Dialog mit der Zielgruppe seine Formate und Angebote weiterzuentwickeln. Zur Erkenntnis, dass dieser Austausch wichtig ist, habe die Debatte um das Rezo-Video immerhin beigetragen, lautete das Fazit der Teilnehmer der Diskussion.
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