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Politischen Entfolgen in Online-Netzwerken: Ich beende unsere Freundschaft!

Studie zum politischen Entfolgen in Online-Netzwerken

Ich beende unsere Freundschaft!

Entfolgen, blocken, löschen: Es braucht nur ein paar Klicks und schon ist man einen Freund oder eine Followerin los. Häufiger Grund: Unterschiedliche Meinungen zur Flüchtlingskrise, der AfD oder Corona bieten Zündstoff für virtuelle Freundschaften. Über politisch motiviertes Entfreunden bei sozialen Netzwerken wie Facebook forschen Dr. German Neubaum und sein Team von der Universität Duisburg-Essen (UDE). Ihre Ergebnisse haben sie gerade in der Open Access-Fachzeitschrift PLOS ONE* veröffentlicht.

„Der Mensch neigt dazu, sich Leuten, Informationen und Quellen zuzuwenden, die mit ihnen politisch übereinstimmen. Diese Tendenz zeigt sich auch online“, erklärt Medienpsychologe Dr. German Neubaum, der die vom Land geförderte Nachwuchsforschungsgruppe „Digital Citizenship in Network Technologies (DICINT)“ leitet. Bei der Nutzung sozialer Medien können sich Menschen jedoch nicht nur mit Gleichdenkenden vernetzen, sondern auch Andersdenkende ganz bewusst ausschließen. „Wir wollten daher wissen: Löschen Social Media-Nutzende diejenigen, die gegenteilige politische Ansichten haben?“, erläutert Koautor Manuel Cargnino.

Was verständlich klingt, ist für die Demokratie denkbar schlecht. Diskussionen und das Revidieren von Meinungen finden nicht mehr statt, der politische Horizont wird enger. Mit Kollegen der Universität Koblenz-Landau und der Tel Aviv University in Israel untersuchten Neubaum und Cargnino mit Hilfe von zwei Experimentalstudien, unter welchen Umständen Facebook-Nutzende politisch Andersdenkende aus ihrem Online-Netzwerk entfernen. An Studie 1 nahmen 721 Facebook-Nutzende im Alter von 18 bis 75 Jahren teil (65% weiblich, 35% männlich). Für Studie 2 wurden 822 Facebook-Nutzende zwischen 18 und 85 Jahren (52% männlich, 48% weiblich) befragt.

„Lohnt es sich, diese Person im Netzwerk zu behalten?“

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass es zum Entfreunden kommt, wenn die Meinungsverschiedenheiten so grundsätzlich sind, dass sie als moralische Unvereinbarkeiten erlebt werden – beispielsweise bei der Frage um die Aufnahme von Geflüchteten“, so Neubaum.

Doch das gilt unter den Nutzenden als sehr drastische, eher selten genutzte Maßnahme: Nur 20 bis 22 Prozent der Befragten hatten jemals deshalb eine Person aus dem Netzwerk verbannt. Der Grund ist auch hier menschlich, so Cargnino: „Unsere Daten zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit des Entfreundens insbesondere dann gering ausfällt, wenn die Person, mit der man nicht moralisch übereinstimmt, dennoch emotionale Unterstützung in anderen Lebensbereichen bietet.“

Neubaum geht davon aus, dass sich die Ergebnisse auch auf die aktuelle Situation übertragen lassen. „Wem sogenannte Querdenkende, Anhänger von Verschwörungstheorien oder Maskenverweigerer aufgrund mangelnder Fürsorge für die Mitmenschen übel aufstoßen, wird sich gerade sicherlich fragen: Was bietet mir diese Person, dass es sich für mich lohnt, sie in meinem Netzwerk zu behalten?“

* Originalpublikation: “‘You’re still worth it‘ The moral and relational context of politically motivated unfriending decisions in online networks“ (gefördert durch den Forschungsverbund NRW Digitale Gesellschaft durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft)

DOI: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0243049

Weitere Information:

Nachwuchsforschungsgruppe DICINT: Dr. German Neubaum, Tel. 0203/37 9-1405, german.neubaum@uni-due.de; Manuel Cargnino, manuel.cargnino@uni-due.de

Redaktion: Cathrin Becker, Tel. 0203/37 9-1488, cathrin.becker@uni-due.de

Ressort Presse/Redaktion
Stabsstelle des Rektorats
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