Ravensburger-Chef Karsten Schmidt: "In schwierigen Zeiten, wie wir sie gerade erleben, wird das Spielen immer wichtiger!"
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Nürnberg (ots)
6,9 Prozent Wachstum bei Ravensburger - Zuversicht vor Beginn der Spielwarenmesse in Nürnberg beim oberschwäbischen Traditionsunternehmen
INTERVIEW mit Karsten Schmidt, Vorstandsvorsitzender Ravensburger Gruppe
Anmoderation:
Ab heute (31.01.2017) blicken Spielwarenfans wieder gebannt nach Nürnberg: Dann beginnt mit der Neuheitenschau die 68. Ausgabe der Spielwarenmesse. Als weltweit bedeutendste Veranstaltung der Branche bietet sie bis zum 6. Februar 2017 einen umfassenden Überblick über die neuesten Trends auf dem Spielwarenmarkt. Über 2.800 Aussteller werden sage und schreibe 75.000 Neuheiten präsentieren - so viele wie auf keiner anderen Spielwarenfachmesse. Auch für Ravensburger ist die Messe natürlich ein Pflichttermin. Der oberschwäbische Spielwarenhersteller zeigt in Nürnberg eine Vielzahl neuer Produkte und startet mit viel Rückenwind ins neue Spielwarenjahr. Wir haben uns am Vorabend der Spielwarenmesse mit dem Ravensburger-Vorstandsvorsitzenden Karsten Schmidt unterhalten.
1. Herr Schmidt, das neue Spielwarenjahr beginnt und die Ravensburger Gruppe kann sich mit einem Erfolgsergebnis im Rücken auf der Messe in Nürnberg präsentieren. Wie ist das Geschäftsjahr 2016 aus Ravensburger-Sicht verlaufen? Wir sind zum zehnten Mal in Folge gewachsen, konkret um 6,9 Prozent. Hauptsächlich im Bereich "Spiele, Puzzle, Beschäftigung" und der Marke BRIO. Und gerade im Spielwarenbereich sind wir doppelt so stark gewachsen wie der Markt, das erfüllt uns natürlich mit Freude. (0:16)
2. Erfreulich ist ja, dass dieses Ergebnis kein einmaliger Ausschlag nach oben war, im Gegenteil: Sie können auf eine ganze Dekade Wachstum zurückblicken. Wo sehen Sie die Gründe für diesen lang anhaltenden Erfolg? Wir haben Innovationsmanagement aufgesetzt und wirklich neuartige Produkte auf den Markt gebracht. Wir haben neue Produktmarken wie "tiptoy" oder "3D-Puzzles" auf den Markt gebracht. Und wir haben die rein haptischen Produkte schon relativ früh - schon ab 2003 - durch digitale Elemente ergänzt, um so das Spielerlebnis zu erhöhen. Und ich glaube, die drei Punkte sind die Erfolgsfaktoren der letzten Jahre. (0:22)
3. Ein Trend in Nürnberg sind einmal mehr Lizenzprodukte wie "Star Wars"-Puzzles, "Frozen"-Brettspiele oder "Minions"-Memorys. Wie hart umkämpft ist hier der Markt? Bei den Lizenzen ist es so: Sie müssen die Verträge lange unterschreiben, bevor die Filme in den Kinos sind. Das heißt, Sie gehen immer das Risiko ein, vielleicht auch etwas einzukaufen, was gar nicht erfolgreich sein wird. Und das merken Sie dann daran, dass Sie in der Regel Minimum Garantiezahlungen im Vertrag haben. Das heißt, auch wenn Sie bestimmte Stückzahlen nicht erreichen, müssen Sie immer noch an die Lizenzgeber zahlen. Das heißt: Es ist immer ein Risikospiel und keiner kann vorhersagen, wie ein Film einschlagen wird. (0:29)
4. Ravensburger setzt in seiner Produktpalette nach wie vor auch auf das klassische Brettspiel. Wie erklären Sie es sich, dass gerade Brettspiele in den letzten Jahren echte Verkaufsschlager waren? Was wir sehen: Wann immer die Zeiten unruhiger und unsicherer werden, wachsen die haptischen Brettspiele. Das heißt, da scheint es einen Trend zu geben, sich in der Familie mehr zusammenzusetzen und mehr miteinander zu spielen. Da sind die Brettspiele eine wichtige soziale Verortung. Anders als bei Computerspielen sitzt man ja gemeinsam am Tisch und spielt gemeinsam. Und wenn wir Kinder fragen, die ja auch gerne am Computer spielen: "Warum spielt ihr denn so gerne Brettspiele?", dann sagen die - neben dem Aspekt, dass es Spaß macht -, dass sie auch die Zeit ihrer Eltern haben. Die gehen soweit, dass sie sagen: "Da können unsere Eltern nicht davonlaufen." Was ich damit sagen will: Anders als bei digitalen Spielen geht es bei Brettspielen einfach auch um das soziale Erlebnis von mehreren Menschen miteinander. Und das ist durch nichts zu ersetzen. Und in schwierigen Zeiten, wie wir sie gerade politisch erleben, wird das besonders wichtig. (0:51)
5. Das heißt, das klassische Brettspiel hat eine Zukunft, gerade auch bei einem Traditionsunternehmen wie Ravensburger? Der Kern wird auch bei uns immer das Haptische bleiben. Denn wir sind der tiefen Überzeugung, dass die Haptik, das Taktile, wenn ein Kind spielt, durch nichts Digitales ersetzbar ist. Es kann ergänzt werden, aber nicht ersetzt werden. (0:14)
6. Welche Spieletrends sind für das Jahr 2017 aus Ihrer Sicht bereits abzusehen? Ein Trend ist Haptik plus das Digitale. Ein weiterer Trend, den nennen die Amerikaner "Stam", das ist Spielware, bei der man beim Spielen naturwissenschaftliche Erkenntnisse erhält. Das kann zum Beispiel ein Roboter sein, den Sie programmieren müssen. Das sind Trends, die sich in den letzten Jahren abgezeichnet haben, von denen ich ausgehe, dass sie auch in den nächsten Jahren noch am Markt sein werden. (0:20)
7. Zum Abschluss noch ein Wort zu Ihrem bevorstehenden Abschied. Sie werden die Ravensburger Gruppe Ende März nach 15 Jahren Tätigkeit verlassen und das Ruder an Clemens Maier übergeben. Wie fällt Ihre Bilanz zu dieser erfolgreichen Zeit aus? Ich hatte mal einen Marketingdozenten, der hieß Professor Heil. Und der hat immer gesagt: "Geht zu einem großen Unternehmen und lernt das Handwerk und dann gönnt euch irgendwann die Freude, bei einem mittelständischen Unternehmen gestalten zu können." Und das habe ich wirklich so erlebt. Anders als in den Großkonzernen, in denen ich früher tätig war, konnte ich hier wirklich gestalten und fühlte mich als Unternehmer. Und das gibt sehr viel Kraft und Energie und macht sehr viel Spaß. Deshalb waren das meine schönsten 15 Jahre in meinem Berufsleben. (0:27)
Abmoderation:
Die Spielewelt blickt ab heute nach Nürnberg. Auf der 68. Internationalen Spielwarenmesse stellen bis zum 6. Februar über 2.800 Unternehmen aus dem In- und Ausland mehr als eine Million Produkte aus. Mittendrin: das oberschwäbische Traditionsunternehmen Ravensburger, der führende Anbieter von Puzzles, Spielen und Beschäftigungsprodukten in Europa. Die Ravensburger Gruppe hat ihren Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr um 6,9 Prozent auf 474,5 Millionen Euro gesteigert. Das hat das oberschwäbische Traditionsunternehmen gestern am Vorabend der Messe bekanntgegeben.
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