BLM Bayerische Landeszentrale für neue Medien
Das Streben nach digitaler Souveränität
Verantwortung und Abhängigkeiten im Fokus des 8. Deutschen Social TV Summit
München (ots)
Die Meinungsmacht von Social Media in Deutschland nimmt zu, wie zuletzt das Rezo-Video gezeigt hat. Doch diverse Skandale haben zugleich die neuen Plattformen entzaubert. Der 8. Social TV Summit der BLM mit rund 130 Teilnehmern stand daher unter dem Motto "Social Media in der Verantwortung". Zentral war dabei der Wunsch nach mehr digitaler Souveränität für die Nutzer.
"Die klassischen Massenmedien sind nicht mehr unangefochten die erste Quelle für Informationsvermittlung und Meinungsbildung", beschrieb Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), den gewachsenen politischen Einfluss von Social Media-Plattformen, den auch der aktuelle Medienvielfaltsmonitor der Landesmedienanstalten dokumentiere. In seinem Grußwort forderte er daher, dass für journalistisch gestalteten Videocontent im Netz die gleichen Regeln der Sorgfaltspflicht wie für Rundfunkangebote gelten sollten.
Auch der Videoexperte Bertram Gugel sieht die traditionellen TV-Anbieter in einer führenden Rolle bei der Entwicklung von Social Media. Allein professionelle Produzenten seien in der Lage, langfristig und täglich den hohen Bedarf an Inhalten zu decken. Dabei sei das Netz ein Raum für Experimente, in dem mit weniger Aufwand und geringeren Kosten neue Erzählarten erprobt werden könnten. Generell, so Gugel, müsse Social als Baustein in der Kommunikationsstrategie behandelt werden, denn die Plattformen seien ein temporäres Phänomen. "Die Unternehmen müssen ein eigenes Ökosystem entwickeln und sich darin transparent austauschen."
Prof. Dr. Christian Schicha, Professor für Medienethik am Institut für Theater- und Medienwissenschaft der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg, wog in seinem Vortrag Risiken und Chancen von Social ab: "Feedback ist möglich", sagte Schicha. "Wir können also ein zielgruppenorientiertes Beziehungsmanagement starten." Falschinformationen, Hassrede und Datenskandale gehörten hingegen zu den Schattenseiten von Facebook und Co. Alle gesellschaftlichen Kräfte sollten daher nach digitaler Souveränität für die Nutzer streben, so der Ethikexperte.
Vor allem öffentlich-rechtliche Medien könnten hierbei Vorreiter sein, schilderte Matt Locke, Director of Storythings in Brighton. Allerdings sei beispielsweise die BBC bereits vor Jahren an der Vision gescheitert, eigene Ökosysteme auf den neuen Plattformen zu bilden. Heute wie damals müsste schließlich eine Vielzahl an Herausforderungen - von der Datensicherheit bis zur Monetarisierung - gemeistert werden. "Jetzt gibt es eine neue Chance für Medienunternehmen, vorne mitzuspielen", so der Experte.
Denn auch die werbenden Unternehmen setzen mittlerweile verstärkt auf Social Media, wie beim beim 8. Social TV Summit der BLM klar wurde. Erika Friederici, Director Business Analytics bei der Düsseldorfer mSCIENCE, analysierte die Werbewirkung der verschiedenen Medien anhand von echten Daten einer Kampagne für Joghurt. Ihr Fazit: Facebook hat durchaus einen direkten Einfluss auf den Absatz - auch in der realen Welt.
Yasmin Akay, Chief Digital Officer für die Digitalen Verlängerungen aller Produktionen bei Redseven Entertainment, brach denn auch eine Lanze für die neuen Kanäle: "Das Gute an den Social Plattformen ist doch, dass wir direktes Nutzerfeedback zu unseren Inhalten bekommen können." Um Reichweiten aufzubauen, empfahl Hanne Bohmhammel eine Fokussierung auf die Distributer Audience. Denn maßgeschneiderte Inhalte für diese Zielgruppe werden nach den Beobachtungen der Redaktionsleiterin bei Deutschland3000 häufiger geteilt.
Der Dialog mit den Nutzern kann allerdings auch zur Belastung für die Redaktionen werden. SPIEGEL ONLINE etwa erhält bei Facebook wöchentlich rund 100.000 Kommentare. Geschlossene Gruppen auf der Plattform sind für Ayla Mayer, Ressortleiterin Social Media bei dem Hamburger Magazin, dennoch keine Lösung. "Der Aufwand ist aktuell personell noch zu hoch." Im Umgang mit der wachsenden Anzahl von Hasskommentaren sieht sie vor allem das Ahnden justiziabler Inhalte als wichtig an. Außerdem mahnte sie mit Blick auf Empörungswellen an: "Die Medien sind ganz stark in der Verantwortung, auch mal die Geschwindigkeit rauszunehmen und noch eine dritte Quelle hinzuzuziehen."
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