Mittelbayerische Zeitung: Leutheusser-Scharrenberger warnt vor "Scherbenhaufen"
Regensburg (ots)
Im Interview mit der "Mittelbayerischen Zeitung" (Regensburg/Samstag) warnt die Bundesjustizministerin und bayerische FDP-Landeschefin vor Schäden durch die Debatte um den Bundesvositzenden der FDP, Guido Westerwelle.
Frau Leutheusser-Schnarrenberger, 2011 stehen wichtige Landtagswahlen an. Ist die FDP für diese Herausforderungen richtig aufgestellt?
Leutheusser-Schnarrenberger: Es kann noch vieles besser werden, um den Wählern in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz die FDP als überzeugende Alternative zu präsentieren - vor allem, indem wir uns als inhaltlich spannende Partei präsentieren und nicht als zerstrittener Haufen.
Was muss denn besser werden?
Wir müssen deutlich machen, wo wir Prioritäten setzen. In diesem Jahr haben wir natürlich nicht alles erreicht, was wir wollten. Eine umfassende Steuersenkung geht in dieser Haushaltslage eben nicht. Der Haushalt musste konsolidiert werden - und wir müssen klar sagen, dass wir das wollten und wollen. Wir müssen aber auch dazu kommen, dass wir als gesellschaftspolitische Kraft wieder Meinungsführerschaft in vielen Themen erringen. Ich will, dass sich die FDP als inhaltlich breit aufgestellte Kraft mit den Themen Bürgerrechte, Wirtschaft und Bildung präsentiert - und das geschlossen. Wir müssen Avantgarde sein, neue Themen aufgreifen neben der Tagespolitik. Das erwarten die Wähler von uns.
Das heißt, die Partei war thematisch zu einseitig positioniert?
Die Bundestagsfraktion hat sich sehr breit positioniert, das haben wir auch im Wahlkampf gemacht und das muss uns auch im Wahlkampf mit den Kandidaten in den Ländern gelingen - mit Unterstützung der Bundespartei. Für mich ist klar: Nur wenn die Landesverbände, die Wahlkampf führen, und die Bundespartei im Gleichschritt marschieren, dann haben wir am Ende eine Chance. Zu meinen, man könnte gegen die Bundespartei eine Landtagswahl gewinnen, wird nicht funktionieren.
Ist das eine Kritik an die Landesverbände, die ihrerseits Kritik an der FDP-Bundesspitze üben?
Nein. Ich bin voll auf Unterstützerkurs. Mein Terminkalender ist voll mit Auftritten in den Länder-Wahlkämpfen. Aber ich bin lange genug Wahlkämpferin um zu wissen, dass man nur gemeinsam gewinnen kann. Alles andere erscheint dem Wähler am Ende als nicht akzeptabel.
Sie sagen, die Partei müsse sich breiter aufstellen. Nun nimmt man die FDP aber zuvorderst als Steuersenkungspartei war - und das liegt nach Meinung vieler vor allem an Parteichef Guido Westerwelle. Sehen Sie das anders?
Wir sind keine Ein-Themen-Partei und wir sind nicht einseitig ausgerichtet. Das Problem ist eher, dass große Erwartungen da waren. Aber Regieren heißt nun einmal mit Realismus an die Themen zu gehen und langfristige Strategien zu entwickeln. Hier liegt die Ursache, warum viele enttäuscht sind. Außerdem ist noch nicht ausrecihend erklärt worden, was wir schon schrittweise verändert haben, etwa, dass wir bei den Pharmakonzernen sparen. Das war geboten und das hat uns keiner zugetraut. Im Gegenteil, wir werden immer so dargestellt, als würden wir immer nur bestimmte Lobbyinteressen vertreten. Das ist aber nicht so und das müssen wir auch immer wieder klarstellen. Die anderen werden nicht positiv über uns reden.
Bei all diesen Aufgaben, vor denen die Partei steht: Ist Herr Westerwelle noch der richtige Mann dafür?
Herr Westerwelle hat die Partei zu dem guten Wahlergebnis von 2009 geführt. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung im Team. Ich bin Teil dieses Teams und wir werden auch im Team gewinnen.
Das heißt, Westerwelles Zeit an der Parteispitze ist noch nicht abgelaufen?
Ich halte von diesen öffentlich ausgetragenen Personaldebatten nichts. Sie laufen Gefahr, sich zu verselbstständigen und einen Scherbenhaufen anzurichten. Das muss beendet werden. Man kann sich Gedanken über die Partei machen, aber die einseitigen, ungerechtfertigten Vorwürfe an Herrn Westerwelle müssen aufhören.
Ist aber der Scherbenhaufen, von dem Sie sprechen, nicht schon angerichtet?
Nein. Wenn wir uns auf die liberalen Inhalte konzentrieren, gemeinsam inhaltlich zusammenstehen, dann können wir die Stimmung wenden. Das gilt auch in der derzeitig schwierigen Situation, wo uns der Wind ins Gesicht bläst.
Ist die Personalie Westerwelle nun ein Thema oder nicht?
Die derzeitige Personaldiskussion bringt uns als Partei überhaupt nicht weiter.
Ihr Name fällt oft, wenn es darum geht, wer in der Partei für das Amt der Vorsitzenden geeignet gilt. Stünden Sie bereit?
Ich sehe meinen Beitrag darin, als Bundesjustizministerin und bayerische Landesvorsitzende gerade die Bürgerrechtsthemen voranzutreiben. Das ist, was ich für die Partei leisten kann und was die Partei von mit zu Recht erwartet.
Haben wir nach dem Drei-Königs-Treffen der Liberalen noch einen Parteichef Guido Westerwelle?
Ich gehe davon aus, klar.
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