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Mittelbayerische Zeitung: Ergrünt Schwarz-Gelb?

Regensburg (ots)

Keine guten Zeiten für die Parteistrategen von Union und FDP. Während die Grünen zu immer neuen Höhenflügen in den Umfragen emporgehoben werden, sacken die Berliner Koalitionäre durch wie ein Jet im Luftloch. Union und mehr noch die Freidemokraten sind nur noch ein Schatten jenes politischen Erfolges bei der Bundestagswahl im September 2009. So kräftig wie das jetzige schwarz-gelbe Bündnis abschmierte, hatte das nicht einmal Rot-Grün unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer geschafft. Allerdings liegen die Gründe für den Höhenflug der Grünen und den Absturz von Schwarz-Gelb - das triste Bild der SPD nicht zu vergessen - nicht allein im japanischen Erdbeben, Tsunami und der Atomkatastrophe. Die etablierten Parteien, außer den Grünen, sind von einem Glaubwürdigkeits-Virus befallen. Dass ausgerechnet die Kernkraftparteien - CDU, CSU und FDP - praktisch über Nacht eine atompolitische Kehrtwende hinlegten, nehmen ihnen viele Anhänger und Wähler schlicht nicht ab. Die Sympathien fliegen in dieser Ausnahmesituation viel eher den wirklichen Atomkraft-Gegnern zu. Und das sind seit über drei Jahrzehnten nun einmal die anfangs arg belächelten Grünen. Aber müssen deshalb auch Union und FDP, die verzweifelt gegen den Abwärtstrend ankämpfen, politisch grüner werden? Ja und Nein. Eine atompolitische Kurskorrektur ist auf jeden Fall vonnöten. Und zwar nicht nur wegen Fukushima, wo freilich die tendenzielle Unbeherrschbarkeit der Kerntechnik jeden Tag drastischer vor Augen geführt wird. Tschernobyl setzte vor 25 Jahren den ersten gewaltigen Keil gegen die Unbedenklichkeit der Atomenergie. Eine Technologie, die mit dermaßen großen "Restrisiken" befrachtet ist - von der Sicherheit im Katastrophenfall bis zur weltweit ungeklärten Endlagerung des Mülls - gehört ersetzt durch modernere, nachhaltigere. Fürwahr eine Herkulesaufgabe. Das Überangebot an Atomstrom erschwert zudem den erneuerbaren Energien den Weg in die Netze. Und umsonst ist der Energie-Wechsel schon gar nicht zu haben. Die promovierte Physikerin und Kanzlerin Angela Merkel hat die Notwendigkeit dieses Schwenks in der Energiepolitik blitzschnell erkannt. Mit dem Moratorium, mit den Stilllegungen von älteren Meilern und einem ganzen Strauß von Expertenrunden versucht sie, den Wechsel hin zu einer grüneren Energiepolitik zu einer bürgerlich-konservativen Tugend zu machen. So ganz nebenbei fällt die Laufzeitverlängerung im Zuge der energiepolitischen Wende unter den Tisch. Die unaufgeregte Architektin der Macht im Kanzleramt sieht sehr wohl die politische Auszehrung bei den Liberalen, auch wenn die schon bald mit Philipp Rösler ein nettes Gesicht als Parteichef präsentieren werden. Statt verkorkster bürgerlicher Traumehe könnte sich Merkel nun durchaus für ein schwarz-grünes Zweckbündnis nach 2013 erwärmen. Ein simples Kopieren grüner Anti-AKW-Politik jedoch wäre für Merkel, Seehofer und Co. von Schaden. Noch mehr trifft dies auf die ums politische Überleben kämpfende FDP zu. Die Berliner Koalition hat möglicherweise noch eine Chance, sich wieder zu fangen. Doch dazu müsste sie sehr schnell ihre energiepolitische Wende im Großen wie im Kleinen durchbuchstabieren und vor allem den Menschen plausibel machen. Transparenz statt Kungelei mit den Stromkonzernen ist jetzt gefragt. Kleine politische Erfolge, wie jetzt beim Kampf gegen Kinderpornografie im Internet, helfen der Union und der FDP nicht wirklich wieder auf die Beine.

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