Mittelbayerische Zeitung: Ein neues Kapitel Leitartikel zur britischen Hochzeit
Regensburg (ots)
Wie deutsch eigentlich das britische Königshaus sei, bemerkte ein Engländer nicht ganz im Scherz, sähe man schon daran, wie perfekt es sich immer in Szene setzen kann. Die Hochzeit von Prinz William und Prinzessin Catherine hat das einmal wieder unter Beweis gestellt. Bis auf die Minute war der Ablauf geplant, minutiös fügte sich dann alles zusammen: Vom Eintreffen der Gäste in der Westminster Abbey bis zum Höhepunkt, dem Kuss auf dem Balkon des Buckingham Palasts, war alles so wie es sein sollte. Ein würdiger, ein prachtvoller Rahmen für ein historisches Ereignis, das weltweit Milliarden von Menschen miterlebt haben. Immerhin schlägt die britische Monarchie mit der königlichen Hochzeit ein neues Kapitel auf. Auch wenn ein König William wohl erst in zwanzig, dreißig Jahren auf den Thron gelangen wird, sieht die Zukunft der Windsors gesichert aus. Die Omen stehen gut, dass diese Ehe glücklich wird, besser jedenfalls als bei der letzten "Märchenhochzeit" der Eltern Williams. Damals heiratete die jungfräuliche Grafentochter Diana den zwölf Jahre älteren Thronfolger Charles, den wohl mehr die Staatsräson als die Liebe antrieb. Diesmal treffen sich zwei, die schon "lange genug geübt haben", wie sich Prinz Charles ausdrückte. Nämlich neun Jahre lang, und in dieser Zeit sind sie durch die Höhen und Tiefen einer Beziehung gegangen. William und Kate wissen, worauf sie sich einlassen und vor allem, was sie aneinander haben. Die Chemie stimmt, die Körpersprache spricht Bände. Auch ihre Entscheidung, sich nach der Hochzeit möglichst viel Privatleben zu gönnen, kann dieser Ehe nur guttun. Die Briten jedenfalls sind überzeugt, dass dieser Märchenhochzeit ein Happy End gegönnt ist. Man freut sich auf bald einstellenden Nachwuchs, womit sich das Königshaus eine weitere Generation fortpflanzen würde. Und damit wäre nicht nur die Zukunft der Familie, sondern auch der Institution selbst gesichert. Selten war die Zustimmung zu den Royals größer als dieser Tage. Die wenigen Republikaner im Land haben den Kampf um die Abschaffung der konstitutionellen Monarchie vorerst vertagt. Der Volkswille ist eindeutig. Und das liegt nicht nur daran, dass sich das Königshaus wieder einmal durch eine perfekt inszenierte Show legitimieren konnte. Obwohl man den schieren Unterhaltungswert nicht unterschätzen sollte. "Bevor man tausend Jahre an Poesie abschaffen will", verteidigte der Publizist Timothy Garton Ash das Königtum, "sollte man sich sicher sein, dass man mit Prosa besser fährt." Und wer wollte schon einen Präsidenten Tony Blair? Gerade in dem Umstand, dass das Amt des Staatsoberhauptes erblich ist, liegt ein wesentlicher Vorteil: Man entzieht es dem politischen Gerangel und stattet es mit Unabhängigkeit und Neutralität aus. Eigenschaften, die niemand besser als die Queen verkörpert, die den Job schon seit 59 Jahren macht und das so gut, dass sich niemand vorstellen mag, wie man ohne sie auskommen könnte. Ein erblicher Herrscher, witzelte Thomas Paine schon vor dreihundert Jahren, mache ebenso viel Sinn wie ein erblicher Zahnarzt. Aber auch in den heutigen aufgeklärten und durch und durch demokratischen Zeiten hat die Monarchie für die Briten keine Legitimationsprobleme. Das liegt daran, dass sie keinen mehr schrecken muss: Der britische Souverän hat die Hoheitsrechte, die er ursprünglich besaß, schon lange eingetauscht für Prestige und Popularität. Heute hat er keine Macht mehr, sondern bestenfalls noch Einfluss. Und dient als nationale Identitätsfigur. In diesem Sinne ist diese Hochzeit das Beste, was der Monarchie passieren konnte. Sie injiziert ein gutes Stück Jugend in eine uralte Institution, stellt sicher, dass die Show weitergehen wird und liefert den Untertanen ein prächtiges Spektakel in schweren Zeiten. Und mit William und Catherine bietet man den Briten einen künftiges Herrscherpaar, das sie gerne akzeptieren werden.
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