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Mittelbayerische Zeitung: Zwei gute Freunde

Regensburg (ots)

Die schlechte Nachricht vorweg: Es gibt noch immer einen Jaroslaw Kaczynski, der Stimmung gegen Deutschland und die Deutschen macht, wo er nur kann. Mal erblickt er in den Schlesiern eine Fünfte Kolonne Berlins, dann wieder warnt der Scharfmacher vor einem deutsch-russischen Energiediktat. Und das alles pünktlich zum 20. Jahrestag des deutsch-polnischen Freundschaftsvertrages. Doch Kaczynskis Tiraden entbehren nicht nur jeder Grundlage, sie verkennen auch die Rolle, die beide Länder inzwischen in Europa spielen. Glücklicherweise - und das ist die gute Nachricht - geht die Stimme Kaczynskis im Diskurs jener unter, die wirklich etwas zu sagen haben. Zum Beispiel Bronislaw Komorowski. In seiner Berliner Rede hat der polnische Präsident in bewegenden Worten die Tragödien und die Heldentaten der deutsch-polnischen Vergangenheit beschworen. Vor allem aber hat er das Verhältnis der Nachbarn als Fundament für die europäische Integration beschrieben. Und er hat recht mit dem Satz: "Das ist die Zukunft." Die Regierungen beider Länder lassen den Worten Taten folgen. Am Dienstag werden Kanzlerin Angela Merkel und der polnische Premier Donald Tusk ein Programm vereinbaren, das es in sich hat. Vor allem wollen sich Berlin und Warschau in der europäischen Finanzpolitik künftig eng miteinander abstimmen. Das ist bemerkenswert, weil Polen (noch) nicht zum Euro-Klub gehört. Leider, ließe sich hinzufügen. Denn Polen hat seit Langem eine Schuldenbremse in der Verfassung verankert. Die Warschauer Haushaltspolitik ist grundsolide, um nicht zu sagen: vorbildlich. Nicht nur deshalb wird Warschau zu einem immer wichtigeren Partner für Berlin. Die polnische Wirtschaft, einst ein Inbegriff des Chaos, boomt seit Jahren. Selbst die globale Finanzkrise konnte den Aufschwung zwischen Oder und Bug nicht stoppen. Insofern ist es auch kein Wunder, dass die seit Mai geltende Freizügigkeit für polnische Arbeitnehmer bislang fast folgenlos geblieben ist. Vor allem die umworbenen Fachkräfte bleiben angesichts hervorragender Perspektiven vor Ort lieber zu Hause. Der deutsch-polnische Freundschaftsvertrag vom 17. Juni 1991 hat, wie Komorowski in Berlin sagte, diese einzigartige Erfolgsgeschichte im Herzen Europas erst möglich gemacht. Er beendete den Kalten Krieg ein für alle Mal. Doch Abkommen und Absichtserklärungen sind das eine. Das andere ist die Umsetzung im wirklichen Leben. Und da ist es schon frappierend, wie weit Polen und Deutsche in nur zwei Jahrzehnten gekommen sind. Damit keine Missverständnisse entstehen: Die schwierigen Fragen der Vergangenheit sind keineswegs endgültig gelöst. Sie sind es schon deshalb nicht, weil Geschichte nun einmal nicht per Dekret zu den Akten gelegt oder sonstwie bewältigt werden kann. Im Gegenteil: Das Gedenken an Nazi-Schlächterei und Vertriebenen-Leid bleibt wichtig. Aber die Historie bestimmt zwischen Polen und Deutschen nicht länger das Handeln in der Gegenwart für die Zukunft. Der umstrittene Besuch von Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach im ehemaligen Westpreußen lockte kürzlich in Polen kaum noch einen Empörten hinter dem Ofen hervor. Und das gilt auch für Kaczynskis antideutsche Sticheleien. Fast zwei Drittel seiner Landsleute sehen in der Bundesrepublik mittlerweile ihren wichtigsten politischen Partner weltweit. Auf der Sympathieskala setzen die Deutschen zu regelrechten Höhenflügen an. Mit Hassattacken auf den Nachbarn im Westen sind in Polen für Kaczynski keine Wahlen mehr zu gewinnen. Und mit Provokationen à la Steinbach lässt sich ebenfalls keine Stimmung mehr schüren. Schönere Nachrichten ließen sich zur Feier des Freundschaftsvertrages kaum denken.

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