Mittelbayerische Zeitung: Zeit für die Opfer Kommentar zu Norwegen
Regensburg (ots)
Ihre ganze Stärke hat die norwegische Gesellschaft in den vergangenen Wochen bewiesen. Bewundernd schaut die Welt auf ein Land, das fast alles richtig macht: Konsequent wenden sich die Norweger den Opfern zu - der Täter bleibt weggesperrt, nur das Nötigste zur Aufklärung seiner Verbrechen verlautet von ihm. Die Menschen rücken zusammen - in echter Solidarität, und nicht im Hass auf einen gemeinsamen Feind wie zum Beispiel die Amerikaner nach dem 11. September. Und sie lassen den Überlebenden des Massakers und den Angehörigen der Toten genug Freiraum und Zeit, um mit ihrer Trauer fertig zu werden. Sie reichen ihnen die Hand, ohne sie zu bevormunden. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit haben 50 Familien am Freitag die Insel Utøya besucht, um Abschied von ihren Toten zu nehmen. An diesem Samstag bekommen die Überlebenden diese Gelegenheit, danach treffen sich beide Gruppen - hier gibt es viele Fragen und Antworten, die niemanden sonst etwas angehen. Erst am Tag danach folgt die öffentliche Trauerzeremonie. Sie selbst hätten sicher gerne darauf verzichtet, und doch haben die Norweger, allen voran Ministerpräsident Jens Stoltenberg, der Welt für künftige Katastrophen quasi ein Muster an die Hand gegeben - einen Notfallplan, wie die Folgen des Unfassbaren zu bewältigen sind.
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