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Mittelbayerische Zeitung: Euro und Merkel retten

Regensburg (ots)

Die Krise der Gemeinschaftswährung Euro ist wie der Drachen in der Sage. Kaum haben die Siegfrieds auf irgendwelchen europäischen Gipfeln, man kommt kaum noch nach, den Kopf des Untiers mit einem kräftigen Schwerthieb vom Rumpf getrennt, da wachsen ihm drei neue nach. Gleich nach dem vorerst letzten Gipfel von Ende Juli etwa reagierten die Finanzmärkte äußerst skeptisch. Trotz richtiger Beschlüsse der Regierungschefs setzte an den Börsen eine dramatische Talfahrt, sprich Kapitalvernichtung, ein. Dass dabei vor allem spekulativ eingesetztes Kapital vernichtet wurde, das virtuell per Mausklick von Investmentbankern um den Globus gejagt wird, macht die Sache nicht erträglicher. Die europäische Politik ist zur Magd des internationalen Finanzkapitals geworden. Banker und Hedgefondsmanager, die gegen Währungen und/oder bestimmte Staaten "wetten", haben mehr Einfluss als gewählte Regierungen. An dieser schlimmen Situation soll mit einem immer weiter aufgespannten Euro-Rettungsschirm (EFSF) etwas geändert werden. Der milliardenschwere Schirm von staatlichen Bürgschaften und direkten Hilfen soll verhindern, dass notleidende Staaten vollends Pleite gehen, soll sie zur Haushaltssanierung zwingen und außerdem den Euro vor eiskaltem Regen schützen. Es geht um die Zukunft der Gemeinschaftswährung insgesamt, von der vor allem die deutsche Wirtschaft ordentlich profitierte. Gestern nun hat das Bundeskabinett erst einmal den Rahmen für ein deutsches Euro-Rettungsgesetz auf den Weg gebracht. Diese sogenannten "Formulierungshilfen" sind stringent genug, dass der Weg klar bestimmt wird. Zugleich lassen sie dem Parlament noch genügend Raum, den entsprechenden Gesetzentwurf im Detail auszuarbeiten. Das ist auch dringend nötig, denn vielen Abgeordneten, selbst Ministern, graust es bei dem Gedanken, dass nun der Transfer-Union Tür und Tor geöffnet werden. Doch die gibt es längst, spätestens seit die Europäische Zentralbank Anleihen von Spanien oder Italien in Massen aufkauft, um deren Staatshaushalte zu stabilisieren. Die EZB macht sich damit zur größten "Bad Bank" der Welt. Für gutes Geld werden Papiere minderer Qualität gekauft. Für mögliche Verluste steht der Steuerzahler ein. Dem Beschluss des Merkel-Kabinetts zufolge soll das Ausleihvolumen für Euro-Notleidende auf 440 Milliarden Euro aufgestockt werden, für fast die Hälfte steht Deutschland gerade. Außerdem sollen nicht nur Darlehen an hoch verschuldete Länder vergeben werden, sondern auch deren Staatsanleihen aufgekauft werden können. Die bisherige EZB-Praxis wird sozusagen politisch sanktioniert. Die Frage Euro-Bonds hat sich damit praktisch erledigt. Die Gemeinschaft wird für Schulden einzelner Mitglieder aufkommen müssen, so oder so. Die jetzige Euro-Krise ist wie ein Vulkan, der bereits Asche und giftige Gase ausspeit - und jeder Zeit explodieren kann. Angela Merkel versucht mit den jetzt eingeleiteten Schritten, die größten Spalten und Risse zu stopfen. Mehr noch als die Opposition machen ihr dabei eigene Leute das Agieren schwer. Von "Goldbarren-Ursula" von der Leyen, die allen Ernstes Sicherheiten in Form von Edelmetall verlangte und Vereinigte Staaten von Europa als Lösung propagiert, bis zu Wolfgang Bosbach, der auf die Gewissensfreiheit der Abgeordneten pocht, oder Horst Seehofer, der sich gegen eine "Wirtschaftsregierung" in Brüssel stemmt, die es so gar nicht geben wird. Merkel steht zwischen allen Feuern. Sie muss den Euro retten - und damit sich selbst auch. Zumindest muss sie erst einmal Zeit gewinnen.

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