Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Deutschen Einheit
Regensburg (ots)
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Die Deutsche Einheit ist 21 Jahre alt geworden. Und es gibt inzwischen viele gute Gründe, zu diesem Jubiläum zu gratulieren. Es liegen schwierige und holprige Jahre zwischen der Wiedervereinigung und den gestrigen Freudenfeiern - mit enttäuschten Hoffnungen, falschen Versprechungen und zerplatzten Träumen. Doch zwei Jahrzehnte nach dem Ende der deutschen Teilung wird deutlich, dass irgendwann doch zusammenwächst, was zusammengehört. Die Klischees vom Besser-Wessi und vom Jammer-Ossi haben sich vielleicht bei Teilen der älteren Generation eingebrannt. Bei den Jungen existiert die Mauer in den Köpfen nicht. Für sie ist Leipzig genauso eine Stadt wie München - abgesehen vom Oktoberfest. Außerdem wird heute sichtbar, was Helmut Kohl vor 20 Jahren etwas voreilig versprach: Es gibt inzwischen von Potsdam bis Dresden viele Flecken mit blühenden Landschaften - wirtschaftlich, kulturell, touristisch - und nicht mehr nur vereinzelte unternehmerische Leuchttürme. Endlich tragen die gewaltigen Transferzahlungen Früchte. In der Freude darüber darf man nicht jene Regionen vergessen, die nach wie vor vom Aufschwung abgehängt sind. Dort, wo die Arbeitslosigkeit seit Jahren bei 20 Prozent verharrt, gibt es entvölkerte Landschaften. Diejenigen, die konnten, sind längst in den Westen gegangen. Diejenigen, die nicht konnten, kämpfen gegen die Resignation. Auch wenn sich die Lebensverhältnisse noch nicht angeglichen haben, auch wenn bei der Wiedervereinigung einiges schiefgelaufen ist: Die Bundesrepublik hat viel erreicht. Aus dem einst als "kranken Mann Europas" titulierten Land ist trotz der finanziellen Lasten der Einheit ein neues Wirtschaftswunderland geworden - und nicht nur deshalb für andere Staaten ein Vorbild. Auch wegen seiner Fähigkeit, Mauern einzureißen, Ungerechtigkeiten anzuprangern und - trotz mancher Jammerei - zusammenzuhalten, ist aus Deutschland etwas geworden, was sich die Einheimischen noch viel zu selten selbst eingestehen: ein Land, in dem auch kühne Träume in Erfüllung gehen.
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