Mittelbayerische Zeitung: Zur Eurorettung
Guter Handel für Banken
Regensburg (ots)
Trotz des "unfreiwillig freiwilligen" Schuldenschnitts, der Milliardenverluste für einige europäische Banken bedeuten kann, schossen gestern die Börsenkurse in ganz Europa in die Höhe. Die Anleger hatten offenbar befürchtet, dass es die Finanzinstitute noch schmerzlicher treffen könnte. Kein Wunder. Zwar hatten die großen europäischen Banken sich zähneknirschend bereiterklärt, auf die Hälfte ihrer Außenstände zu verzichten.Denn als Gegenleistung für den Schuldenschnitt erhalten sie immerhin 30 Milliarden Euro frisches Staatsgeld in Form von Anleihen, die über den Rettungsfonds teilweise abgesichert sind. Es wird einen Tauschhandel geben - alt gegen neu, unsichere Griechenlandpapiere gegen teilkaskoversicherte Anleihen. Ein guter Handel für die Banken. 130 Milliarden Euro kostet dieser Handel die Eurostaaten im neuen Griechenlandpaket. Hoffen wir, dass Griechenlands Schuldenberg sich damit wirklich auf die 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zusammenschrumpfen lässt. Auch wenn die Milliardenbeträge, die selbst dann in Griechenlands Schuldenlöchern für immer verschwinden werden, für den Normalbürger kaum vorstellbar bleiben. Unterschiedlich hart trifft die europäischen Finanzhäuser der Schuldenschnitt zusammen mit den neuen Kapitalvorgaben der EU. Bis Ende Juni nächsten Jahres haben sie Zeit, insgesamt 106 Milliarden Euro aufzutreiben. Die deutschen Banken brauchen rund sechs Milliarden Euro, die sie vermutlich selbst aufbringen können. Kapital können Banken mit eigenen Aktien und einbehaltenen Gewinnen anhäufen. Oder sie vergeben weniger Kredite. Denn die neun Prozent Eigenkapital eines Finanzinstitutes bemessen sich am Wert seiner Wertpapieranlagen und den Krediten, die es gewährt hat. Sorgen müssen sich die Banken doch kaum, sollte man meinen. Denn falls Finanzhäuser an der Kapitalaufgabe scheitern, würden die Staaten für Geld bürgen, das sich die Banken am freien Markt leihen. Das Vertrauen unter den Banken würde steigen und eine Kreditklemme für Unternehmen damit vermieden. So ist jedenfalls der Plan. Und wenn alle Stricke reißen, gibt es für die betreffenden Länder Kredite aus dem Eurorettungsfonds. In die Bredouille dürften die Banken also so leicht nicht mehr geraten, wenn die Rechnung aufgeht. Inwieweit die Europäische Zentralbank EZB dem Rettungsschirm stillschweigend zur Seite springt, um große Eurostaaten durch den Kauf ihrer Anleihen an den Märkten zu stützen, bleibt ihr überlassen. Der Wunsch von Frankreichs Präsident Sarkozy, die EZB als Staatsfinanziererin zu verpflichten, ist jedenfalls offiziell vom Tisch. Und wie Ratspräsident Herman Von Rompuy noch einmal sagte: "Wir haben nichts zu fordern." Souverän soll die EZB also bleiben. Anders als offenbar die Staatshaushalte. Nachdem sich die Euroländer nämlich nun ganz nach Merkels und Sarkozys Plan auf eine strenge Kontrolle der Wirtschafts- und Haushaltspolitik verständigt haben. Und Italien ist das erste Land, das die Kommission "einlädt", seine Finanzen zu kontrollieren. Rufen Stimmen aus Frankreich und Deutschland immer lauter nach einer Finanzpolitik der "Vereinigten Eurostaaten": "Wir sind in einem historischen Augenblick, wo sich die Abkehr von der Staatennation aufdrängt", sagte der grüne Europaparlamentarier Daniel Cohn-Bendit aus Frankreich. Nötig sei der Aufbau eines föderalen Europas. Seiner Meinung nach sei die Wirklichkeit zu komplex geworden für die Methode der Entscheidungen zwischen Regierungen, die fast 60 Jahre vorgeherrscht habe. Auch Commerzbankchef Martin Blessing warnte vor einem drohenden Zerfall der Eurozone, falls die beteiligten Staaten nicht zu einer gemeinsamen Fiskalpolitik fänden. "Eine Währung und 17 Fiskalpolitiker, das funktioniert nicht." Und wie die Hebel-Teilkaskoversicherung und Kreditsondertöpfe dann genau funktionieren werden. Und ob sie wirklich die eine Billion Euro Finanzkraft verursachen, das müssen die Euroländer wohl einfach ausprobieren. Denn das hängt schlichtweg von den Umständen ab, in denen private Gläubiger bereit sind, Schuldenstaaten zu unterstützen. Und diese Finanztechniken sind - um es mit den Worten der Politiker zu sagen - "sehr kompliziert". Anreize für Anleger werden sie wohl schaffen, will man den Finanzexperten glauben. Schauen wir, wie es funktioniert.
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