Mittelbayerische Zeitung: Zur politischen Situation in Bayern: Seehofer ist ziemlich alleine zu Haus
Die Absage von Guttenberg macht es für die CSU und ihren Vorsitzenden nicht leichter.
Regensburg (ots)
von Reinhard Zweigler
Zeit und Abstand will er sich nun nehmen. Aus seinen Fehlern lernen. Aus der deutschen Öffentlichkeit zurückziehen. Die Gründe, die der einstige CSU-Überflieger Karl-Theodor zu Guttenberg für den Verzicht auf ein rasches politisches Comeback jetzt anführt, sind allesamt plausibel und sogar ehrenwert. Da will einer in Klausur gehen, sich ehrlich machen durch Abtauchen im Ausland. Nicht schon wieder nach einem Amt streben oder am Sessel kleben, wie etwa Wulff. Büßen, auch wenn er sein peinliches Abschreiben bei der Doktorarbeit noch immer nicht unumwunden eingestanden hat. Aber natürlich geht das nicht so ohne weiteres. Die Medien, die CSU, Freunde wie Feinde werden den charismatischen Oberfranken immer im Augenwinkel behalten, auch wenn er bis auf weiteres nicht auf die politische Bühne in Deutschland zurückkehren will. Vielleicht bleibt "KT" zu Guttenberg genau auf diese Weise ein Kronprinz im Wartestand. Der von der CSU-Basis herbeigerufen wird, wenn es der weiß-blauen Staatspartei richtig dreckig geht. Vielleicht schon nach der Landtagswahl im Herbst 2013? Mit seiner unerwarteten Absage hat es zu Guttenberg dem CSU-Chef Horst Seehofer und der ganzen Partei nicht gerade leichter gemacht. Seehofer hoffte, mit der Einbindung von "Exoten" wie Peter Gauweiler oder Strahlemännern wie eben zu Guttenberg die CSU noch breiter aufzustellen, möglichst viele Facetten abzudecken. Dieses Kalkül geht nun nicht mehr auf. Und selbst wenn sich mancher bürgerlich-konservative Wähler von zu Guttenbergs Betrug eher abgestoßen fühlte, ein vergleichbares politisches Talent, einen solch begnadeten Polit-Entertainer, auch in eigener Sache, haben die Christsozialen nicht aufzuweisen. Seehofer ist ziemlich allein zu Haus. Da bleibt im engeren Kreis um den Landesvater höchstens noch Markus Söder. Aber der muss nun erst einmal beispielhaft für andere Länder den bayerischen Haushalt gesunden. Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen ein nicht einmal aussichtsloses Unterfangen. Und Söder ist klug genug, nicht durch Vorpreschen oder Ausbrechen seine Chancen auf höhere politische Weihen zu verderben. Dabei hat sich die politische Landschaft in den vergangenen beiden Jahren gravierend verändert und ist weiter in Bewegung. Nicht nur in Bayern, wo die SPD erstmals eine ernst zu nehmende personelle Alternative für das Amt des Ministerpräsidenten anbieten kann. Auch in ganz Deutschland. Die Liberalen sind dabei, sich von der politischen Bühne zu verabschieden. Egal, ob sie es noch einmal in den Bundestag schaffen sollten, sie dürften nicht mehr gebraucht werden. Davon profitiert übrigens vor allem die Kanzlerinnen-Union, die die versprengten Liberalen willig aufnimmt. Auf der anderen Seite stoßen selbstbewusste Freie Wähler und Piraten in die politische Lücke. Und die Sozialdemokraten halten sich alle Optionen offen, selbst ohne einen ausgerufenen Kanzlerkandidaten. Auch die auf eine große Koalition. Die Liebe zu Rot-Grün ist erkennbar erkaltet. Und sollte es 2013 wieder zu einer Groß-Koalition kommen, worauf zurzeit vieles hindeutet, dann ist vor allem die Frage spannend: Wer ist hier der Boss? Wieder Angela Merkel, die dann ihre dritte Kanzlerschaft antreten könnte, oder ein SPD-Mann? KT zu Guttenberg spielt 2013 so oder so keine Rolle. Oder sollte man genauer sagen: noch keine?
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