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Mittelbayerische Zeitung: Kommentar: Zwiespältig

Regensburg (ots)

Was für ein Rührstück! Auch der ehemals so staubtrockene Deutsche Fußball-Bund (DFB) versteht sich mittlerweile auf große Gefühle und Inszenierungen. Tränen und Ovationen würzten einen geschäftsmäßigen Vorgang, der nur noch Formsache war. Dass Theo Zwanziger weder den erhofften Termin für seinen Abschied noch seinen Wunsch-Nachfolger bekommen hat, spielte bei der Inthronisation von Wolfgang Niersbach als DFB-Präsident keine Rolle mehr. Was bleibt von der Ära Zwanziger? Die Bilanz fällt zwiespältig aus. Der Jurist aus Altendiez hat sich im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Homophobie große Verdienste erworben. Er fand die richtigen Worte, als Fußball-Deutschland nach dem Tod von Torhüter Robert Enke unter Schock stand. In Zwanzigers Amtszeit fielen das Sommermärchen 2006 und die Frauenfußball-WM 2011, zwei Ereignisse, die den gesellschaftspolitischen Stellenwert dieser Sportart in ungeahnte Höhen katapultierten. Einerseits. Andererseits gab der 66-Jährige als Krisenmanager immer öfter eine lausige Figur ab. In der heiklen Schiedsrichter-Affäre Amerell/Kempter verrannte er sich ebenso wie in der quälend langen juristischen Auseinandersetzung mit einem unbotmäßigen Journalisten, der es gewagt hatte, den durchaus eitlen DFB-Chef einen "unglaublichen Demagogen" zu schimpfen. Selbstherrlichkeit war Theo Zwanziger in den letzten Jahren an der Spitze gewiss nicht fremd. Das mag menschlich verständlich sein. Wer derart von den Größen aus Politik und Wirtschaft hofiert wird, der droht schon mal den Boden unter den Füßen zu verlieren. Nachfolger Niersbach erbt eine Gewalt- und Rassismus-Debatte, der er sich vordringlich zu stellen hat. Interessant wird sein, wie er mit dem Flaggschiff des Verbandes umzugehen gedenkt. Niersbach gilt ja als Mann der Nationalmannschaft. Deren Geschicke bestimmen Bundestrainer Joachim Löw und der geschäftstüchtige Teammanager Oliver Bierhoff, und oft wirkt es so, als führten sie eine eigene Firma, die sich dem DFB nur noch lose verbunden fühlt. In einer so gewaltigen Organisation wie dem DFB sind zudem die natürlichen Interessengegensätze zwischen Amateuren und Profis jederzeit geeignet, Fliehkräfte zu entwickeln. Niersbach ist als Moderator gefordert. Autor: Heinz Gläser

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