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Mittelbayerische Zeitung: Energiewende weiß-blau In Bayern boomen erneuerbare Energien. Mit der nötigen Transparenz wird daraus ein Gewinn für alle. Leitartikel von Roman Hiendlmaier

Regensburg (ots)

Morgen wird in Hof Bayerns größter Windpark gestartet. Am Montag erfolgt bei Berching der Spatenstich zu einem Windpark, der aus den Sparstrümpfen der Bürger finanziert wird. Und Anfang Mai feiern die 2000 Einwohner von Edelsfeld im Landkreis Amberg-Sulzbach, dass zwei neue Windanlagen in einem nahen Waldstück mehr Strom liefern als die gesamte Gemeinde jährlich verbraucht. Drei Beispiele für einen Trend, der immer offensichtlicher wird: Im Freistaat weht gerade ein neuer Wind. Er bläst traditionelle Formen der Energiegewinnung beiseite zugunsten dezentraler Öko-Kraftwerke. Die Geschwindigkeit des wandels verwundert dabei selbst Branchenkenner. Während in anderen Ländern noch Regierungen mangels Finanzierungsgelegenheit die EU um die Bezuschussung beim Bau von Atomkraftwerken bitten, geben sich im Freistaat kleine und große Investoren die Klinke in die Hand, um Windräder, Biogasanlagen oder Geothermie-Kraftwerke zu fördern. Ob Bürger oder Banken, Stadtwerke, Investmentfonds oder Genossenschaften - investiert wird im energetischen Freiheitskampf in alles, was die Abhängigkeit von Öl und Gas reduziert - und natürlich auch Rendite verspricht. Treibende Kraft - das geben selbst altgediente Ökoenergie-Aktivisten zu - ist auch die bayerische Staatsregierung. Freilich nicht immer mit der selben Ideologie, wie die der Pioniere nachhaltiger Energieerzeugung: "Wenn wir schnell sind, ist die Energiewende in Deutschland ein einziges großes Konjunkturpaket für Bayern", sagte Ministerpräsident Seehofer vor einem Jahr. Der Hintergedanke mag verschieden sein, entscheidend ist, was vorne herauskommt. Tatsächlich konnte man schon vor der Atomkatastrophe in Fukushima mit dem Prinzip "Tue Gutes und verdien' auch noch dabei" Herz und Geldbeutel der Bayern sehr leicht öffnen. In keinem anderen Bundesland montieren so viele Eigenheimbesitzer Solaranlagen auf ihre Dächer und stellen so viele sich Pelletsheizungen in ihre Keller. Biogasanlagen haben sich in zehn Jahren von Null auf über 2000 vermehrt und an mehr als 20 Standorten wird nach Gratis-Dampf aus dem Erdinneren gebohrt. Dass nirgendwo sonst so viele Bausparverträge für Bau und Sanierung von sparsamen Eigenheimen bespart werden, rundet das Bild der weiß-blauen Energiewende ab. Die Staatsregierung, in persona des Ministerpräsidenten und des damaligen Umweltministers Söder, setzte sich gewieft an die Spitze dieses Trends, mit einer klaren Ansage: In zehn Jahren soll aus dem Bundesland mit dem meisten Atomstrom das Land der Erneuerbaren werden. Beispielsweise sollen dann 1500 neue Windkraftanlagen in den weiß-blauen Himmel ragen, rund das Dreifache von heute. Die Windkraft ist ein gutes Beispiel, dass zu jeder Revolution auch Zweifler gehören. Im Fall der Energiewende sind es Bürger, in deren unmittelbarem Lebensumfeld die Wind-, Solar- und Biogas-Anlagen wachsen. Zudem sorgt sich angesichts steigender Preise auch ein der Ökoenergie Wohlgesonnener, den schönen neuen Strom bald nicht mehr bezahlen zu können. Wenn die weiß-blaue Strom-Revolution gelingen soll, gehören diese Zweifel ernst genommen, von Projektierern und Politikern. Das gilt jedoch auch für die Risiken der Kohle-Nutzung und der Atomkraft - Fukushima lässt grüßen. Ganz zu schweigen von der ungeklärten Frage, wohin eigentlich der (bayerische) Atommüll letztendlich gekippt werden soll. Es ist möglich, auch in der Industrieregion Bayern nahezu komplett auf erneuerbare Energie umzusteigen. Die Staatsregierung ging spät, aber konsequent auf Kurs, die Erfolge dieser Politik sind unübersehbar. Wenn nun noch die Transparenz und Information über den nachhaltig produzierten Strom verbessert und die finanzielle Teilhabe an den Erträgen noch weiter ermöglicht werden, fällt es allen Bayern leichter, die damit zwangsläufig verbundenen Nachteile in Kauf zu nehmen. Das wäre ganz im Sinne der Energiewende, der Staatsregierung - und natürlich auch des Landes, in dem wir und unsere Nachkommen künftig leben wollen.

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