Mittelbayerische Zeitung: Drastisches Signal Kommentar zur Bilderverbrennung in Neapel
Regensburg (ots)
Antonio Manfredi weiß, wie man Schlagzeilen macht. Drastischer könnte seine Aktion kaum ausfallen. Ein Museumsdirektor, der Kunst verbrennt - das ist beinahe unglaublich. Wie lange Manfredi internationale Aufmerksamkeit auf sein vergleichsweise kleines Museum lenken kann, ist allerdings fraglich. Doch der Künstler und Kurator legt seine Finger in eine wichtige Wunde: Die Kulturpolitik Italiens insgesamt ist in einem desaströsen Zustand - und das nicht allein wegen leerer Staatskassen. Nicht nur Museen und Kunstgalerien stehen vor einem Abgrund, auch Opernhäuser, Konzerteinrichtungen und archäologische Grabungsstätten wie Pompeji. Da sieht die Situation in Deutschland, wo es ebenfalls überall an Geld fehlt, vergleichsweise rosig aus. Zu verantworten hat die Situation die Regierung Berlusconi. Der ehemalige Ministerpräsident hat selbst die ideologische Richtung vorgegeben: Opern, Museen und Konzerte langweilten ihn, sagte er einmal. Er hielt es persönlich mehr mit kommerzieller TV-Unterhaltung, Schnulzengesang und leicht bekleideten Mädchen. Regierungskritische Kunst hat Berlusconi stets verabscheut - und gezielt finanziell aushungern lassen. Zugegeben, die neue Regierung Monti hat neben der Kulturpolitik viele andere Baustellen. Doch Kultur ist nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, sondern auch prägend für die Eigen- und Fremdwahrnehmung einer Gesellschaft. Es ist Italiens großer kultureller Tradition unwürdig, dass Kultur hier so lange nur unter kommerziellen Gesichtspunkten gesehen wurde. Manfredi prangert mit seiner Aktion "Art War" auch den Einfluss der Mafia an, die gerade in der Gegend um Neapel in Kulturinstitutionen kräftig mitmischt und unliebsame Kultureinrichtungen wie sein Museum bedroht. Und Manfredi wirft Gesellschaft und Politik die Ignoranz vor, die sie seinem mit viel Engagement betriebenen Privatmuseum und der Kultur im Allgemeinen entgegenbringen. Dem Museumsleiter geht es nicht in erster Linie ums Geld, sondern um die Verrohung der politischen Kultur. Bleibt zu hoffen, dass sich in Italien bald etwas tut - noch bevor Manfredi alle seine Ausstellungsobjekte den Flammen übergeben hat.
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