Mittelbayerische Zeitung: Licht und Schatten Kommentar zum Solar-Boom
Regensburg (ots)
Deutschland hat einen Titel errungen, der aus guten Gründen nicht überall Freude auslöst: Seit Pfingsten sind wir Weltmeister bei der Solarkraft. Die Photovoltaikmodule auf unseren Dächern haben soviel Strom erzeugt wie 20 Kernkraftwerke - was für ein Fabelrekord. Im Hinblick auf den Atomausstieg müssten wir uns darüber eigentlich freuen wie die Sonnenkönige. Doch leider hat die Sache bei genauem Hinsehen Schattenseiten, an denen man ablesen kann, wie sehr es bei der Energiewende hakt. Da wäre zunächst die Kostenfrage: Die Rechnung für den Solarboom bekommen die Stromverbraucher aufgebrummt, während es für Großabnehmer großzügige Ausnahmeregelungen gibt. Je mehr Sonnenenergie in die Netze eingespeist wird, umso teurer wird es für die privaten Haushalte. Gerade für Geringverdiener wird die Stromrechnung ein Problem. Das bringt die schwarz-gelbe Koalition in Erklärungsnot, weil es in krassem Widerspruch zu ihrem Versprechen steht, die Bürger entlasten zu wollen. Der zweite Pferdefuß ergibt sich aus der Solartechnik selbst. Stromrekorde gibt es nur in den Mittagsstunden an den seltenen Tagen, an denen die Sonne überall kräftig scheint. Ansonsten müssen konventionelle Kraftwerke einspringen. Die Windräder an der Küste, auf denen viele Hoffnungen ruhen, können wegen veralteter Stromnetze und mangels Speichermöglichkeiten ihr Potenzial bei weitem nicht ausschöpfen. Deutschland agiert bei der Energiewende alles andere als weltmeisterlich. Nach wie vor fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept für einen funktionierenden und bezahlbaren Energiemix. Die Kanzlerin und ihr neuer Umweltminister müssen jetzt schnell handeln.
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