Mittelbayerische Zeitung: Gespaltenes Ägypten
Regensburg (ots)
Von Stefan Stark
Die Verurteilung des gestürzten Pharaos ist zunächst eine gute Nachricht: Denn erstmals ist im Zuge des arabischen Frühlings ein Despot für seine Untaten zur Rechenschaft gezogen worden. In einem Land wie Ägypten, in dem nach wie vor Gefolgsleute von Husni Mubarak an den Schaltstellen der Macht sitzen, ist das alles andere als selbstverständlich. Deshalb verdient die Nation Anerkennung, dass dem alten Machthaber überhaupt der Prozess gemacht wurde. Doch das Verfahren hat große Schönheitsfehler. Die Urteilsbegründung steht auf tönernen Füßen. Mubarak hat gute Chancen, in einem Berufungsverfahren freizukommen. Und auch die Wunden, die sein Unterdrückungsapparat schlug, sind mit dem Richterspruch längst nicht verheilt. Die Reaktionen der Bevölkerung auf dem Tahrir-Platz verdeutlichen, wie gespalten Ägypten ist. Die einen jubelten, weil Mubarak nun hinter Gittern verschwindet. Die anderen protestierten, weil sie ihn am Galgen sehen wollen. Seine Anhänger wiederum fordern seine Freilassung. Auch die beiden verbliebenen Präsidentschaftskandidaten versinnbildlichen die Teilung des Lands in Extreme. Künftig steht entweder der Islamist Mohammed Mursi an der Spitze des Landes oder Ahmed Schafik - ein Vertreter des alten Regimes. Ein Sieg des Mubarak-Vertrauten Schafik wäre eine Verhöhnung der ägyptischen Revolutionäre und ein später Triumph des alten Pharaos. Denn er könnte auf eine Begnadigung hoffen. Schon aus diesem Grund dürfte der Spruch der Kairoer Richter die Chancen des Muslimbruders Mursi erhöhen.
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