Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Spanien/Rettungsschirm/Banken von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots)
Irland, Portugal, Griechenland - und nun Spanien. Die Zahl der Länder, die unter den Euro-Rettungsschirm flüchten müssen, wird immer größer. Die Sorgen um die Gemeinschaftswährung wachsen, weil nun die viertgrößte Volkswirtschaft im Euro-Raum in die Bredouille gekommen ist. Und auf den Spekulationsmärkten wird bereits kräftig gegen den Euro gewettet. Trotzdem ist das Einlenken Athens erst einmal eine gute Nachricht. Es besteht die Hoffnung, dass die Kredite aus dem Rettungsschirm zur Beruhigung der Märkte, vor allem zur Stabilisierung des spanischen Bankensystems beitragen können. Jeder Fall liegt anders. Spanien krankt nicht so sehr an der hohen Staatsverschuldung und der wirtschaftlichen Talfahrt, die auch besorgniserregend sind, sondern vor allem am Desaster seiner Banken. Viele Geldhäuser leiden an faulen Krediten, die mit der Immobilienblase auf der iberischen Halbinsel platzten. Vieles von dem, was sie in ihren Depots haben, ist nicht das Papier Wert, auf dem es steht - eine südeuropäische Variante der Lehman-Pleite in den USA vor vier Jahren gewissermaßen. Aber dass sich der konservative Regierungschef Mariano Rajoy, sonst Musterschüler der deutschen Kanzlerin, solange zierte, Hilfskredite des Rettungsschirmes anzunehmen, hat mehrere politische Gründe. Der Spanier wollte nicht mit Iren, Portugiesen und vor allem Griechen in einen Topf geworfen werden. Dabei geht es nicht nur um den Ruf der stolzen Iberer, sondern auch um handfeste ökonomische Größen, für die Kreditaufnahme, für Investoren. Wer legt sein Geld schon in einem Land an, das am Euro-Tropf hängt? Angela Merkel und Wolfgang Schäuble haben zusammen mit Brüssel zuletzt den Druck auf Athen dezent, aber spürbar erhöht. Die gesichtswahrende Erklärung lieferte zuletzt Unionsfraktionschef Volker Kauder. Spanien müsse nicht wegen des Landes, sondern wegen seiner Banken unter den EFSF-Rettungsschirm. Anders als die millionenschweren spanischen Fußballweltmeister haben die Banken des Landes nicht einmal Zweitliga-Niveau. Rajoy versuchte den Schritt unter den Euro-Kreditschirm auch deshalb abzuwenden, weil er tiefe Eingriffe der Euro-Troika à la Griechenland unbedingt verhindern wollte. Das ist ihm zum Teil gelungen. Ein ähnlich drakonisches Kürzungsprogramm wie für Athen wird es für Madrid nicht geben. Das politische Chaos und das wirtschaftliche Desaster, das Brüssel in Griechenland mit befeuert hat, wird sich hoffentlich nicht wiederholen. Auch die EU lernt dazu. Zum Beispiel hat sie gelernt, dass ein strikter Konsolidierungskurs für andere Länder, à la Merkel, sich als Pyrrhussieg erweisen kann. Eine kurzfristige Beruhigung an den Märkten wurde im Fall Athens mit einem gigantischen Sozialabbau und wirtschaftlichem Absturz teuer bezahlt. Dennoch sind die Auflagen für Spaniens Banken alles andere als ein Pappenstiel. Und das Kunststück besteht nun darin, die notwendige Restrukturierung des Bankensystems ohne noch größere Verwerfungen in der Wirtschaft hinzubekommen. Ob das gelingt, ist völlig offen. Und vor allem dürfen die Hilfskredite nicht im Ma-drider Haushalt versickern. Dabei stehen auch Merkel und Schäuble, die mit sanftem Druck und endlosem Zureden bei Rajoy Wirkung erzielten, zuhause unter erheblichen Zwängen. Dass sich Spanien nun unter den EFSF-Rettungsschirm begibt, ist wichtig für die Absegnung des langfristigen Euro-Rettungsmechanismus ESM in Bundestag und Länderkammer. Das Gleiche gilt für die europäische Schuldenbremse, die sich hinter dem unschönen Begriff Fiskalpakt versteckt. Merkels Problem: Für ein Schuldenabbauen um den Preis wirtschaftlichen Niedergangs bekommt sie keine Mehrheit zustande. Und Rettungskredite, die die Malaise der Pro-blemländer nur noch vergrößern, sind wie Wasser, das in ein Fass ohne Boden geschüttet wird.
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