Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum Konzert für Luciano Pavarotti.: "Ein U für ein E"
Regensburg (ots)
Vor fünf Jahren verstummte eine Jahrhundertstimme. Das war nicht jene, die zuletzt brüchig war und sich längst nicht mehr zum hohen C hinaufschwingen konnte. Es war die Stimme, die seit den 70er Jahren mit unvergleichlichem Schmelz die großen Partien der italienischen Oper zelebrierte. Doch der imposante Bühnen-Tenor Pavarotti ist kaum noch in Erinnerung. Ins Gedächtnis eingebrannt hat sich der Popstar, der immer und immer wieder "Funiculi, Funicula" und Ohrwurmarien wie "Nessun dorma" oder "Da quella Pira" schmetterte. Im Gedächtnis haftet der bärig-bärtige Showman, der mit Domingo und Carreras vor Millionen Zuschauern Klassik als Massenevent inszenierte und Verdi und Puccini in die Charts katapultierte. Pavarotti setzte in den 80er Jahren den Trend "Klassik macht Kasse", der heute am Fließband auf Coolness und sexy Posen getrimmte Jungstars hervorbringt. Man muss kein Kultursnob sein, um das zu bedauern. Denn häufig brennen die hochgehypten Talente lange vor der Zeit aus, werden Opfer ihres PR-betriebenen Promistatus, der einem langsamen Reifen keine Zeit mehr lässt. Pavarottis Erbe ist zwiespältig. Er machte Klassik massentauglich - aber auch beliebig. Sie wird allzu gerne als leicht bekömmlicher Best-of-Brei konsumiert. Für den Eventcharakter reichen längst nicht mehr drei, heute müssen es acht, zehn oder zwölf Tenöre sein. Doch Masse ist nicht Klasse, da sollte man sich kein U für ein E vormachen lassen. Autorin: Claudia Bockholt
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