Mittelbayerische Zeitung: "Mittelbayerische Zeitung" zur Homo-Ehe
Regensburg (ots)
Endlich in der Realität
von Reinhard Zweigler
In der CDU geschehen Dinge, die wären bis vor wenigen Jahren noch als ungeheuerlich und parteifeindlich abgewiesen worden. Der Ausstieg aus der Atomkraft, die Abschaffung der Wehrpflicht etwa. Nun sind die Christdemokraten offenbar wild entschlossen, mit der Wende bei der Homo-Ehe eine weitere heilige Kuh zu schlachten beziehungsweise einen politischen Markenkern zu schleifen. Doch genau wie bei der Kernkraft oder der Bundeswehr geschieht der Kurswechsel in der Kanzlerinnen-Partei weniger aus freien Stücken, sondern aus äußerem Antrieb. Die Katastrophe in Fukushima ließ Angela Merkel blitzschnell auf Energiewende umschalten. Eine Bundeswehr, von der hochkomplexe und riskante Auslandseinsätze erwartet werden, braucht keine Wehrpflichtigen mehr. Und bei der Homo-Ehe reagiert die CDU auf Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die Lebenswirklichkeit von heute wird nicht allein von der klassischen Vater-Mutter-Kind-Ehe bestimmt. Daneben gibt es die Patchwork-Familie, Alleinerziehende und gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften, die den bisherigen konservativen Familienbegriff aus der Zeit fallenlassen. Familie ist da, wo Eltern für ihre Kinder da sind - und umgekehrt. Das gilt für Eltern mit und ohne Trauschein und das gilt für homosexuelle Partnerschaften, die füreinander Verantwortung übernehmen. Dass Letztere gegenüber der Ehe steuerlich jedoch immer noch benachteiligt werden, ist ebenfalls ein Anachronismus, der schnellstens überwunden gehört. Die CSU wird sich diesem Zug der Zeit nicht mehr lange entziehen können. Horst Seehofer scheint wendig genug, auch für den Schwenk bei der Gleichstellung von Partnerschaften noch vor der Bundestags- und Landtagswahl. Es würde der CSU nämlich nicht schaden.
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