Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum neuen Abgeordnetengesetz im bayerischen Landtag: "Späte Quittung"
Regensburg (ots)
Das neue Abgeordnetengesetz schafft scharfe und klare Regeln. Es schließt Schlupflöcher. Doch ob das im Turbotempo verabschiedete Regelwerk auch die bestmögliche aller Lösungen ist, wird erst die Praxis zeigen. Selbst für berechtigte Einwände war jedenfalls im Vorfeld kein Platz. Wäre bei Überkreuzverträgen nicht vielleicht ein Verbot für Angehörige bis zum zweiten Grad genug gewesen? Meint Vetternwirtschaft wirklich, dass alle Vettern außen vor sind - oder ist sie nicht Symbol für Gemauschel und Bereicherung, die wirklich kategorisch zu unterbinden sind. Doch zu aufgeheizt die Atmosphäre, zu stark der Druck aus den Stimmkreisen. Kein Abgeordneter wollte ausgerechnet vier Monate vor dem Wahltag als Bremser dastehen oder als einer, der im Ruch steht, Vetternwirtschaft zu verteidigen. Man muss kein Prophet sein, um zu wissen: So kurzentschlossen wird das Parlament demnächst auch bei den Nebentätigkeiten Transparenz schaffen. Alle Abgeordnete kassieren nun bedauerlicherweise die Quittung für krasse Bereicherungen Einzelner. Jeder Verschärfung der Gesetze waren bisher Verfehlungen vorausgegangen. Besonders extrem wäre es, wenn sich der Verdacht gegen 33 Abgeordnete bewahrheitet, die offenbar im Jahr 2000 in letzter Minute noch Ehegatten und Kinder anstellten, um eine als Übergangslösung gedachte Altfallregel als Schlupfloch ohne Zeitlimit zu nutzen. Exakt zu der Zeit also, als vor 13 Jahren im Parlament schon einmal Einigkeit herrschte, dass Jobs für Angehörige auf Staatskosten die gesamte Politik in Verruf bringen. Autorin: Christine Schröpf
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