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Mittelbayerische Zeitung: Die Rechnung kommt - Die Anhörung in Karlsruhe zur Euro-Rettung legt Dinge offen, dass einem die Spucke wegbleibt. Von Stefan Stark

Regensburg (ots)

Die Alternative für Deutschland kann sich dieser Tage über kostenlose Wahlwerbung an ungewöhnlicher Stelle freuen. Zum wiederholten Male verhandeln die Verfassungsrichter in Karlsruhe nun über die Rechtmäßigkeit der Euro-Rettungsprogramme. Die Argumente der Kläger, die jetzt ausgiebig auf allen Kanälen wiedergekäut werden, könnten sich als Wasser auf die Mühlen der Anti-Euro-Partei erweisen. Denn eines legt die Verhandlung bereits jetzt schonungslos offen: Es wiederholt sich ein verdrießlicher Politikstil. Bereits in der Vergangenheit wurden die Bürger nicht gefragt, wie viel Europa sie überhaupt wollen. Und heute schert sich die Bundesregierung nicht darum, wie viel die Bürger für die Euro-Rettung zu zahlen bereit sind. Schlimmer noch: Den meisten Abgeordneten im Bundestag dürfte nicht einmal bewusst sein, welche Summen im Frankfurter Euro-Tower abgenickt werden - für die Deutschland zu einem großen Teil geradestehen muss. Auf der Anklagebank in Karlsruhe sitzt die Europäische Zentralbank - und mit ihr die neuen Methoden der Rettungspolitik. Die eigentliche Aufgabe der EZB ist es, für Geldwertstabilität zu sorgen. Von diesem Auftrag haben sich die europäischen Währungshüter inzwischen jedoch meilenweit entfernt. Indem die EZB Anleihen maroder Euro-Länder aufkauft, wirft sie unverhohlen die Notenpresse an. Zusätzlich bürdet sie den Euro-Rettungsländern horrende Risiken auf. Denn es bleibt ein Rätsel, wie Griechenland oder Portugal ihre faulen Papiere je zurückkaufen sollen. Die Haftung dafür wird zu 27 Prozent - so hoch ist der Anteil der Bundesbank an der EZB - den deutschen Steuerzahlern aufgehalst. Das Perfide daran: Die Vertreter der Bundesbank, die diese zweifelhafte Methode strikt ablehnen, werden regelmäßig in dem erlauchten Gremium von den Vertretern der anderen Notenbanken überstimmt. Angespornt von EZB-Chef Mario Draghi, der es nicht einmal für nötig hält, persönlich bei der Verhandlung zu erscheinen. Seinen Kritikern macht er es damit leicht, ihn als arroganten "Drahgiavelli" in die Ecke zu stellen. Bei dieser Gemengelage bleibt einem die Spucke weg, wenn Finanzminister Wolfgang Schäuble behauptet, es gäbe in Karlsruhe nichts zu verhandeln, weil das Gericht in der Frage der EZB-Kompetenzen gar nicht zuständig sei. Hier spricht der kühle Realpolitiker, der die Staatsräson über die berechtigten Sorgen der Bürger stellt. Diese Staatsräson funktioniert nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel. Sicherlich, die Maßnahmen der europäischen Währungshüter ließen die Zinsen in den größten Schuldenstaaten wieder auf ein erträgliches Maß fallen. Doch damit wird kein einziges der vielen tiefgreifenden Strukturprobleme in den Ländern gelöst. Im Gegenteil: Das viele billige Geld ermutigt die Krisenstaaten geradezu, Reformen weiter auf die lange Bank zu schieben. Dafür bezahlen wir auch einen politischen Preis. Denn die EZB agiert wie eine Schattenregierung, die am deutschen Parlament vorbei entscheidet. Doch es wäre illusorisch zu erwarten, dass das Verfassungsgericht den Stein der Weisen findet. Gebetsmühlenartig betont Karlsruhe, die Verantwortung für die Euro-Rettung liege bei der Politik. Ebenso wenig werden die Richter der Regierung die rote Karte zeigen, indem sie die Rettungsschirme einkassieren. Damit würde das Gericht ja seine bereits ergangenen Beschlüsse konterkarieren. Es wird wohl wieder ein Urteil mit dem Tenor "Ja, aber" werden. Und die Bundesregierung wird es im Zweifelsfall als "weiter so" interpretieren. Die erste Rechnung wird den Bürgern nach der Bundestagswahl präsentiert. Griechenland braucht bis dahin einen zweiten Schuldenschnitt zum Überleben. Auf Deutschland kämen dann Lasten zu, die alle Haushaltsplanungen obsolet machen. Die Rede ist von bis zu 30 Milliarden Euro - allein für die klammen Hellenen. Dagegen wirken die Entschädigungssummen, die Kanzlerin Angela Merkel den Hochwasseropfern in Aussicht gestellt hat, ziemlich bescheiden. Die Alternative für Deutschland wird sich über so viel Wahlkampfmunition freuen.

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