Mittelbayerische Zeitung: Ein Duell, das in jedes Weltbild passt: Herausforderer Ude punktet - doch der entscheidende Treffer gegen Amtsinhaber Seehofer gelingt ihm nicht. Von Christine Schröpf
Regensburg (ots)
Die CSU liegt in Umfragen uneinholbar vorne, die SPD verharrt bei unter 20 Prozent. Ein Duell auf Augenhöhe war der TV-Schlagabtausch zwischen CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Spitzenkandidat Christian Ude also nicht. Seehofer hatte seinen Herausforderer schon im Vorfeld in den Kategorien Führungsstärke, Bayernkompetenz und Wirtschaftsexpertise, zudem als "Troubleshooter" auf den zweiten Platz verwiesen. Udes Plus auf der Sympathieskala schlägt bisher nicht auf dem SPD-Konto zu Buche. So stand der Münchner OB beim Wortgefecht vor laufenden Kameras mit dem Rücken zur Wand. Was allerdings im Umkehrschluss bedeutete, dass er wenig zu verlieren, aber viel zu gewinnen hatte. Erstmals konnte er Seehofer direkt zur Rede stellen. Eine Chance, die Ude nur bedingt genutzt hat. Er hat gepunktet, aber nicht den empfindlichen Treffer gelandet, den er so dringend braucht. Ude greift an - und blitzt bei Seehofer ab. Das läuft seit Monaten so und war beim Duell nicht grundlegend anders. Der CSU-Chef zeigte sich am Abend auch angriffslustig. Bei der von Ude bekämpften Pkw-Maut konterte Seehofer, dass sie selbst von fast 80 Prozent der SPD-Wähler gewünscht wird. Seehofer münzte auch noch unverfroren den Ude-Wahlkampfslogan vom "Wort halten" auf sich um. Ude muss seit Wochen vehement attackieren und rutscht damit in eine Rolle, die wenig zu ihm passt. Er ist integer. Er, der lieber zum Florett greift, muss im Wahlkampf den Groben geben. "Moralische Verkommenheit" attestierte er Seehofer in der Mautdebatte. Der bayerische SPD-Chef Florian Pronold degradierte Seehofer zum "kastrierten Kater". Der frühere SPD-Spitzenkandidat Franz Maget, sprach von einem "Boderline-Politiker" und diagnostizierte damit psychische Auffälligkeiten. Beim Fernsehduell blieben verbale Tiefschläge aus. Das war gut so. Am Wahltag werden nicht die originellste Beleidigungen, sondern überzeugende Konzepte belohnt. Die Unterschiede bei den Politikentwürfen zeigten sich auf den Feldern soziale Gerechtigkeit, Wirtschaftspolitik und bei ökologischen Fragen. Ude ließ in seinen Formulierungen kabarettistische Finesse aufblitzen, Seehofer entwaffnende Spottlust. Man sah zwei gute Kandidaten, von denen einer aber die Bürger deutlich stärker überzeugt. Der Wahlkampf allein diktiert das Duell. Unter normalen Umständen hätte man sich Seehofer und Ude an diesem Spätsommerabend bei einer zufälligen Begegnung im trauten Zwiegespräch vorstellen können. Beide hätten über zu raffgierige CSU-Landtagsabgeordnete den Kopf geschüttelt - aber auch über Pronold, der im ständigen verbalen Wettrüsten nicht an Statur gewinnt, immerhin aber an manchen Tagen CSU-General Dobrindt als schnurrendes Kätzchen erscheinen lässt. In größter Harmonie wäre über den hyperehrgeizigen CSU-Prinzen Markus Söder gelästert worden. Seehofer und Ude wären sich am Ende einig gewesen, dass sie das Beste sind, was ihre Parteien mindestens in Bayern aufbieten können - und hätten damit sogar Recht gehabt. Die tückische Dramaturgie des Lebens hat es anders gewollt. In der politischen Realität 2013 kürten CSU und SPD ihren Kandidaten erwartungsgemäß zum unangefochtenen Sieger. Jenseits aller Deutungsversuche hat aber der Wähler das letzte Wort. Entscheidend ist, wie das Duell auf die Unentschlossenen gewirkt hat. Noch im Juli wussten 40 Prozent der Wähler nicht, wo sie am 15. September ihr Kreuzerl machen sollen. Anhänger von CSU und SPD hat der Wettstreit in ihrer Einschätzung bestärkt. Durch die Parteibrille wird wahrgenommen, was ins Weltbild passt. Unter diesen Vorzeichen erfahren selbst grobe Schnitzer eine wundersame Glättung. Doch echte Patzer gab es beim Duell auf beiden Seiten nicht. So bleibt den Unentschlossenen weiter die Qual der Wahl.
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