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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zum Bericht des Weltklimarats: "Das Billionen-Ökolopoly" von Stefan Stark

Regensburg (ots)

Er ist weit mehr als die Bibel von Klimaforschern: Der Report, den der Weltklimarat heute in Stockholm präsentiert, entscheidet über die Verteilung von viel Geld. Denn er bildet eine zentrale Grundlage für zahlreiche Regierungen bei ihrer Umwelt- und Energiepolitik. Er dient Politikern etwa als wichtige Argumentationshilfe, ob sie am alten Energiemix festhalten - oder ob sie stärker auf erneuerbare Energien setzen. Genau deshalb ist das Papier ein rotes Tuch in den Augen mächtiger Industrie-Lobbyisten. Beim Klimareport geht es letztlich nicht nur um die Frage, ob und in welchem Zeitraum wir ganze Landstriche und Meeresregionen auf unserem Planeten in unwirtliche Gegenden verwandeln. Auf dem Spiel stehen die Billionen-Interessen von Ölmultis, Stromkonzernen und energieintensiven Unternehmen. Gleichzeitig geht es um das Wohl und Wehe von Ökoenergie-Anbietern. Das erklärt, warum der neue Klimareport bereits im Vorfeld für heiße Diskussionen sorgte. Es gab in den vergangenen Jahren immer wieder Versuche, die mehr als 800 beteiligten Wissenschaftler als einen Club selbstverliebter Narren zu diskreditieren, die sich mit Weltuntergangsszenarien ins Rampenlicht drängen wollten. Es wurden Gegenstudien in Auftrag gegeben, mit denen die Seriosität der Prognosen des Klimarats angezweifelt wird. Genauso wird politischer Druck ausgeübt, um einzelne Formulierungen aus dem Bericht zu entschärfen. So wurde hinter den Kulissen um die Passage gerungen, ob die Erderwärmung eine "Pause" macht, oder ob sich der Temperaturanstieg "verlangsamt" habe. Vermeintliche Details wie diese entscheiden jedoch darüber, wie die Öffentlichkeit den Klimareport interpretiert. Wenn auf einmal von einer Pause bei der Erderwärmung die Rede ist, heißt es schnell: Es ist ja alles gar nicht so schlimm. Lasst uns getrost weiter Erdöl und Kohle verbrennen und mit immer größeren Kollateralschäden den letzten Tropfen Öl aus dem Boden pressen. Dass es keinen Grund zur Entwarnung gibt, zeigen die Informationen, die vorab aus dem Bericht bekanntwurden. Die wichtigsten Botschaften lauten: Die Erde wird sich weiter erwärmen, auch wenn sich dieser Prozess verlangsamt hat. Er kann sich jedoch jederzeit wieder beschleunigen. Außerdem lässt der Klimareport keinen Zweifel daran, dass der Temperaturanstieg vom Menschen gemacht ist, weil wir immer mehr Treibhausgase in die Atmosphäre pusten. Die Reaktionen führender Industrienationen auf den Klimawandel sind äußerst widersprüchlich. Die USA - in der Vergangenheit immer größter Bremser eines Klimaschutzabkommens - wollen plötzlich den CO2-Ausstoß neuer Kohlekraftwerke drastisch begrenzen. Man könnte meinen, die vielen verheerenden Naturkatastrophen, die Amerika in den vergangenen Jahren heimsuchten, hätten zu einem Umdenken geführt. Gleichzeitig treibt Präsident Barack Obama die umstrittene Fracking-Technologie voran, um neue Ölvorkommen zu erschließen. Das ist eine zwiespältige Klimapolitik nach dem Motto: Ja, aber. Deutschland wiederum hat sich offiziell nach wie vor der Energiewende verschrieben. Doch anstatt weiter auf erneuerbare Energien zu setzen, erleben plötzlich Braunkohlekraftwerke eine Renaissance - die größten Treibhausgasschleudern überhaupt. Damit konterkarierte die schwarz-gelbe Bundesregierung die eigenen CO2-Ziele. Angela Merkel sollte den Klimareport zum Anlass nehmen, über ihre einstige Rolle als Klimakanzlerin nachzudenken. Es ist erst wenige Jahre her, dass sie mit ihrem damaligen Umweltminister und dem heutigen SPD-Chef Sigmar Gabriel öffentlichkeitswirksam vor Eisbergen in der Arktis schipperte. Jetzt hätte Merkel die Chance, den Eindruck zu korrigieren, diese Inszenierung wäre eine einzige Farce gewesen: Indem sie endlich ein schlüssiges Konzept für eine Energiewende vorlegt, die diesen Namen verdient.

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