Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Bundesliga: Monotonie in einer Unterhaltungsbranche von Heinz Gläser
Regensburg (ots)
Bayern München zementiert seine Dominanz in der Liga. Gefahr droht dem Erfolgsmodell nur noch intern.
Dieter Hoeneß, der alte Sturm-Haudegen und später überschaubar erfolgreiche Bundesliga-Manager, brachte am Montag diese Prophezeiung unters stets nach Neuigkeiten dürstende Fußballvolk: "Der deutsche Meister steht für mich jetzt schon fest." Hätte Hoeneß erklärt, dass es im Sommer in aller Regel wärmer als im Winter ist, hätte dies zweifelsohne einen höheren Erkenntniswert gehabt. Ja, der FC Bayern strebt wohl unaufhaltsam dem 23. Meistertitel seiner ruhmreichen Klubhistorie entgegen. Ob die Münchner an diesem Mittwochabend im Nachholspiel beim VfB Stuttgart ihre Rekordserie auf 43 Ligaspiele ohne Niederlage schrauben oder sich ausnahmsweise mal wieder einen Ausrutscher leisten, ist dabei drittrangig. Natürlich könnten sportspezifische Unwägbarkeiten wie Verletzungspech, Formkrisen und hanebüchene Schiedsrichterentscheidungen selbst Pep Guardiolas Starensemble theoretisch noch aus der Kurve tragen. Das Problem ist: Dies wird immer unwahrscheinlicher. Die Dominanz des Rekordmeisters ist schier erdrückend. Die Fans, zumal die eigenen, mögen sich derzeit noch an den Ballbesitz-Orgien, einseitigen Schützenfesten und immer neuen Gegentor-Bestmarken ergötzen. Doch auf die Dauer droht diese Münchner Übermacht zur Hypothek für den hierzulande boomenden Unterhaltungsbetrieb Fußball zu werden. Monotonie verkauft sich eben schlecht, das wissen die Münchner selbst auch. Man mag einwenden, dass der FC Bayern dank jahrzehntelang kluger Geschäftspolitik nicht erst seit dieser Spielzeit den Rang als unbestrittener Branchenprimus für sich beanspruchen darf. Sicher. Dennoch bahnt sich ein weiterer Strukturwandel an. Vor nicht einmal sechs Jahren leisteten sich Klubpatriarch Uli Hoeneß & Co. einen grotesken personellen Fehlgriff, als sie den Trainer Jürgen Klinsmann verpflichteten. Das Resultat des Experiments war eine völlig verkorkste Saison. Und eine Spielzeit später sorgte das hartnäckige Werben des Konkurrenten Real Madrid um die Dienste des Franzosen Franck Ribéry für Unruhe an der Säbener Straße. Solche Szenarien sind ferne Vergangenheit, mittlerweile undenkbar. Der FC Bayern ist wegen der Kombination sportlicher Erfolge und wirtschaftlicher Potenz eine Top-Adresse im Weltfußball, die selbst für Ausnahmetrainer wie Guardiola höchst attraktiv ist. Und wer ein Auge auf einen Bayern-Star geworfen hat, der kann sich den Griff zum Telefonhörer sparen. "Wir sind ein Käufer-Verein, kein Verkäufer-Verein", dies hat Uli Hoeneß der Konkurrenz jüngst ins Stammbuch geschrieben. Die großzügigen Sponsoren-Zuwendungen diverser Dax-Unternehmen und sprudelnde Einnahmen aus der Champions League machen's möglich. Statt der von Hoeneß noch im vergangenen Jahr beschworenen "spanischen" steuert die Bundesliga auf "deutsche Verhältnisse" zu, in denen sich machtlose Rivalen Jahr für Jahr um den zweiten Platz hinter den Münchnern balgen. Gefahr droht dem bayerischen Erfolgsmodell eigentlich nur noch aus den eigenen Reihen. Im März steht Uli Hoeneß wegen seiner Steueraffäre vor Gericht. Bei einer Verurteilung zu einer Haftstrafe wäre er als Aufsichtsratsvorsitzender nicht mehr tragbar, das ist wohl auch jenen im Verein klar, die bislang nibelungentreu an seiner Seite stehen. Der FC Bayern müsste sich personell neu aufstellen. An der Vereinsspitze wäre er dann das, was er im Fußball schon lange nicht mehr war: deutlich ersatzgeschwächt.
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