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Mittelbayerische Zeitung: Dobrindts Maut-Trick
Der Minister liefert ein Konzept für die Straßengebühr. Doch es hat zahlreiche Tücken im Detail. Leitartikel von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Im Nachbarland Österreich, wo seit Jahren ganz selbstverständlich für die Nutzung der Autobahnen "Pickerl" gekauft und an die Windschutzscheibe geklebt werden müssen, grollt man bereits. Auch die Niederlande, die bislang keine Maut auf ihren Straßen verlangen, aber sehr wohl und sehr gern deutsche Pisten auf dem Weg in den Urlaub nutzen, sind vergrätzt. Das übrige Europa ist überzogen von diversen Maut-Regelungen, kennt Vignetten oder verlangt für bestimmte Strecken Nutzungsgebühren. Deutschland ist nun drauf und dran, ebenfalls in die europäische Maut-Union einzusteigen. Dass die CSU seit Jahren auch hierzulande für eine Pkw-Maut die Trommel rührt, hat etwas mit grenzüberschreitender Gerechtigkeit, man könnte auch sagen mit dem Ärger über die Vignetten-Abzocke in den Nachbarländern zu tun. Dieser Frust ist teilweise nachvollziehbar. Denn in Deutschland gehen die Uhren anders. Hier gilt freie Fahrt für freie Bürger auf staatlich bezahlten und betriebenen Autobahnen und Bundesstraßen. Eigentlich. Die vergangenen Jahre haben allerdings an Straßen, Brücken und Tunneln kräftig "genagt". Ohne dass, wie es notwendig gewesen wäre, repariert, saniert und modernisiert worden wäre. Und fast zwei Jahrzehnte lang stand der Aufbau Ost vor dem Ausbau West. Auch dieses politisch gewollte Ungleichgewicht rächt sich nun. Trotz vieler Milliarden Euro, die jedes Jahr in die Mineralöl- oder auch die Kfz-Steuer fließen, ist der Investitionstopf des Bundesverkehrsministers seit Jahren nicht ausreichend gefüllt. Auch Dobrindts gestern vorgestellte Pkw-Maut ändert daran grundlegend nichts. Der Minister hat zwar endlich ein Konzept für eine nutzerfinanzierte Maut, im Bürokratendeutsch Infrastrukturabgabe, "geliefert". Doch dies hat zahlreiche Tücken im Detail, europarechtliche Untiefen - und vor allem es spült nicht genug Geld in die Kasse. Die Länder stehen zudem bereits auf der Matte, um etwas vom neuen Maut-Kuchen abzubekommen. Rund 600 Millionen Euro könnten es schon sein, die die Maut von ausländischen Autofahrern dem deutschen Fiskus bringen werde, rechnet der CSU-Minister die Zahlen schön. Eine solcher Betrag klingt ganz gut. Doch vergegenwärtigt man sich den jährlichen Mehrbedarf, der bei etwa sieben Milliarden Euro liegt, wie Verkehrsexperten und -Minister schätzen, dann relativiert sich der erwartete Geldregen aus der Pkw-Maut rasch. Um die Verkehrsinvestitionen wirklich auf die notwendige Höhe zu schrauben, brauchte es die jetzt mit viel Tamtam inszenierte "Ausländer-Maut" nicht. Denn sie bedient eher das Gefühl, nun kassieren wir auch mal bei den anderen ab, so wie die uns abkassieren, als dass sie an der Malaise etwas grundsätzlich ändern würde. Vielmehr brauchte eine in die Zukunft gerichtete Verkehrspolitik wirklich neue Prioritäten. Die Milliardeneinnahmen aus dem Verkehrsbereich dürften nicht mehr im allgemeinen Haushalt "versickern". Hinzu kommen zahlreiche europarechtliche Unwägbarkeiten, die Dobrindt mit seiner Maut erst noch umschiffen muss. Formal bittet er zwar sämtliche Autofahrer auf deutschen Straßen und Autobahnen für die Infrastrukturabgabe zur Kasse. Doch nur die einheimischen Halter bekommen diese Maut über die deutsche Kfz-Steuer zurück. Dobrindt greift zu einem Trick, der arg nach Diskriminierung riecht. Zumindest hat die EU-Kommission bereits ein kritisches Auge auf die deutschen Pläne geworfen. Brüssel oder unzufriedene Nachbarländer könnten das schöne CSU-Mautkonzept noch zunichte machen.

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