Mittelbayerische Zeitung: Aufräumen bei der Truppe
Eine Erhöhung des Wehretats ist nicht notwendig - auch wenn die Nato und neue Krisenherde drängen. Leitartikel von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots)
ls "erbärmlich" hat Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die vorgesehen Kürzung im deutschen Wehretat für das kommende Jahr abgekanzelt. Einmal in Fahrt hat der blaublütige Oberfranke, der nach seinem schmählichen Abschied aus der deutschen Politik nun in den USA eine Beratungsfirma leitet, auch gleich noch die EU-Regierungschefs zu "Schlafwandlern" erklärt. Die hätten keine wirklichen Konsequenzen aus den dramatischen Entwicklungen von der Ostukraine, über Syrien, Irak und dem Nahen Osten gezogen. Nun ja, vielleicht hat zu Guttenberges General-Schelte auch damit zu tun, dass er einfach nicht mehr gefragt ist. An Stelle des einstigen CSU-Hoffnungs- und Sympathieträgers steht heute Ursula von der Leyen an der Spitze des Verteidigungsressorts. Entgegen den allgemeinen Erwartungen hat die "Mutter der Truppe" gestern im Bundestags klargemacht, dass es trotz höherer Anforderungen an die Bundeswehr nicht mehr Geld geben wird. Zumindest nicht für das Jahr 2015. Und damit hat die ehrgeizige CDU-Frau sogar Recht. So lange das Wehrressort regelmäßig Hunderte Millionen Euro jedes Jahr zurück an den Bundeshaushalt überweisen muss, weil große Rüstungsprojekte stocken, darf kein größerer Schluck aus der Pulle genehmigt werden. Die internen Abläufe bei der Beschaffung im Ministerium bedürfen dagegen einer gründlichen Überprüfung. Von der Leyen lässt dies durch ein externes Konsortium gerade vornehmen. In vier Wochen sollen die Ergebnisse vorliegen. Jahrzehntelang war die Bundeswehr für viele Rüstungsunternehmen eine Art Kuh, die man nur zu melken brauchte. Hinzu kam Missmanagement, das sich bis heute hinzieht und den Steuerzahler weitere Milliarden kosten dürfte. Die Liste von Pleiten, Pech und Pannen ist lang. Der dringend benötigte Lufttransporter A 400 M etwa ist über vier Jahre überfällig. Für Großtransporte muss die Bundeswehr russische Antonov-Maschinen ordern. Die geplante Drohne Euro-Hawk ist sogar völlig abgestürzt und nahm über eine halbe Milliarde Euro mit. Nicht wirklich gut läuft die Beschaffung des neuen Kampfhubschraubers, des Gefechtsfahrzeuges Puma, des neuen Kampfschiffes - und, und, und. Es wird Zeit, dass von der Leyen ihren energischen Ankündigungen auch wirklich Konsequenzen folgen lässt. In ihrem Ministerium hat sich offenbar viel Filz, Inkompetenz und Entscheidungsschwäche angesammelt. Von der Leyen, der der Sinn nach noch höheren Positionen stehen soll, wird auch daran gemessen werden, ob sie diesen Schlendrian im Ministerium auskehren kann oder nicht. Die Bundeswehr muss schlicht mit dem vorhandenen Geld effektiver umgehen. Freilich setzen sich die Bundesregierung und Bundestag mit der Entscheidung über einen relativ knapp geschneiderten Verteidigungsetat über die Nato-Entscheidung von letzter Woche hinweg. Auf dem Gipfel in Wales waren zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts als Maßgabe für die Größe der nationalen Verteidigungshaushalte anvisiert worden. Nur die USA und Großbritannien liegen zurzeit bereits deutlich über dieser Marke. Andere Nato-Staaten, darunter Deutschland mit etwa 1,3 Prozent, liegen klar darunter. Würde man die Nato-Orientierung sofort umsetzen, müsste der Wehretat auf einen Schlag auf mehr als 50 Milliarden Euro angehoben werden. Das ist weder haushaltspolitisch machbar, noch von den Beschaffungs-Strukturen her realisierbar. Mittefristig allerdings ist eine Erhöhung des Verteidigungsetats jedoch angezeigt. In Maßen, wie von der Leyen zu Recht anmahnt.
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