Mittelbayerische Zeitung: Unklare Lage
Kommentar zu den Wahlen in der Ukraine
Regensburg (ots)
Noch bevor das amtliche Endergebnis der vorgezogenen Parlamentswahlen feststeht, drückt Präsident Poroschenko aufs Tempo. Er will so schnell wie möglich eine Koalition bilden. Der Plan war ein anderer. Poroschenko und Jazenjuk hatten sich bereits in der vergangenen Woche auf ein Koalitionsbündnis verständigt - allerdings unter dem Vorzeichen, dass Jazenjuks Partei Juniorpartner wird. Nun könnte Jazenjuk als Wahlsieger aus der Abstimmung hervorgehen. Am Montag waren etwa 60 Prozent der Stimmen ausgezählt, und die Partei Jazenjuks lag, wenn auch hauchdünn, vor dem Präsidentenbündnis. Auch die Frage, wer die anderen Regierungspartner sind, ist nicht sicher beantwortet. Die Partei Samopomoschtsch ist aus dem Stand drittstärkste Kraft geworden. Doch wer verbirgt sich hinter dem Bündnis? Wer hat den aufwendigen, landesweiten Wahlkampf finanziert? Wer hat ermöglicht, dass eine bislang komplett unbekannte Partei allabendlich Sendezeit bei den größten TV-Sendern des Landes erhielt? Es sind zwar eine Reihe bekannter Bürgerrechtler auf der Parteiliste, aber auch Kämpfer des größten Freiwilligenbataillons "Donbass", das von ost-ukrainischen Oligarchen aufgestellt wurde. Poroschenkos Partei braucht Partner, von anderen Parteien und vonseiten der Gewinner der Direktmandate. Eine schwache Präsidentenpartei hat Poroschenkos Vor-Vorgänger, dem pro-europäischen Viktor Juschtschenko, bereits 2006/2007 sämtlichen Handlungsspielraum genommen. Nach den Wahlen 2006 begann ein gnadenloser Machtkampf zwischen Präsident und Ministerpräsident. Am Ende blieben viele Ambitionen für einen West-Kurs der Ukraine auf der Strecke. Es steht zu befürchten, dass der Ukraine dasselbe Schicksal noch einmal bevorsteht.
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