Mittelbayerische Zeitung: Das Erfolgskonzept: CSU gegen den Rest der Welt - Ob bei Stromtrassen, Maut oder Deutschpflicht: die Strategie geht auf. Doch die Partei hat noch andere Facetten. Von Christine Schröpf
Regensburg (ots)
Je größer der Gegenwind, desto besser die bayerischen Umfragewerte für die CSU. Diese einfache Rechnung geht (fast) immer auf und ist die Triebfeder für so manche markige und populistische Aktionen der Christsozialen, ob es nun um den Stromtrassenstreit, die Mautpflicht für Ausländer, den Kampf gegen den milliardenschweren Länderfinanzausgleich oder die Deutschpflicht für deutsche Wohnzimmer handelt. So steht die Partei aktuell im Ansehen der Wähler weit besser da, als es bundesweite Kritik oder flächendeckender Spott vermuten lassen. Würde morgen ein neuer Landtag gewählt, könnte die CSU die absolute Mehrheit laut Umfragen spielend verteidigen. Parteichef Horst Seehofer hat auch deswegen den starken Rückhalt seiner Partei. Der auffallend lange Schlussapplaus der Delegierten beim CSU-Parteitag war weit mehr als eine Pflichtübung oder ein trotziges Jetzt-erst-Recht nach dem Sturm der letzten Woche um die Deutschpflicht. Seehofer sichert mit vielen bayerischen Extratouren, dass die CSU bei Wählern als hartnäckigster Fürsprecher des Freistaats im Bund wahrgenommen wird. Gern wird dabei in Kauf genommen, dass die weiß-blau getränkte Binnensicht nicht den Interessen der übrigen Bundesländer, geschweige denn deutschen Gesamtinteressen dient. Diese Strategie hat ihren Preis. Jenseits des Weißwurst-Äquators schlägt Bayern große Unbeliebtheit entgegen. Der dämliche Passus zur Deutschpflicht im CSU-Leitantrag löste zu Recht unverzüglich bundesweite Reaktionen aus. Die CSU fischt mit Vorliebe Stimmen am rechten Rand und verstärkt dabei Vorbehalte gegen Ausländer. Doch Migranten, die sich weigern Deutsch zu sprechen oder sich nicht in ihrer neuen Heimat einleben wollen, sind eben nicht der Regelfall. Und dort, wo es hakt, hat es vielfältige Ursachen - auch Unsicherheit und Unwissenheit über Hilfsangebote zählen dazu. Ausländer sind kein Problem. Im Gegenteil. Nun der CSU aber direkt oder zwischen den Zeilen zu unterstellen, sie hätte mit Deutschpflicht-Debatten das Feuer an Asylbewerberheime gelegt, geht ein paar Schritte zu weit. Die Kriminellen, die im Landkreis Nürnberg Unterkünfte in Brand steckten, folgen ihrer eigenen verheerenden Agenda. Die CSU macht es politischen Gegnern zwar sehr leicht, sie in die Schublade der Fremdenfeindlichen zu schieben. Sie darauf zu verkürzen, ist aber zu einfach. Die Leitanträge beim CSU-Parteitag umfassten viele konkrete Angebote zur Integration. Der Freistaat nimmt dafür viel Geld in die Hand. Allein rund eine Milliarde Euro werden in den kommenden beiden Jahren investiert, um Flüchtlingen in Bayern Asyl zu geben. Auch das ist - bei allem was falsch läuft - ein Teil der Wahrheit. Das Laute und Schrille verdeckt, dass die CSU viele Facetten hat - und auch die Kraft, sich immer wieder neu zu erfinden. Teils von Seehofer gefördert, teils im Alleingang, rückt gerade hinter Kronprinz Markus Söder und Kronprinzessin Ilse Aigner eine Garde von Politikern in Position, die für einen Kurs jenseits traditioneller Kraftmeiereien steht und gerade deshalb erfolgreich ist. Der in der EU einflussreiche Manfred Weber zählt dazu. Der bayerische Staatskanzleichef und frühere Umweltminister Marcel Huber, der scheinbar ohne Ellbogen eine Blitzkarriere hingelegt hat. Oder auch Markus Blume, der neue Chef der Zukunftskommission. Drei Männer, die so gar nicht ins CSU-Klischee passen, an dem Generalsekretär Andreas Scheuer mit groben Schlägen zimmert. Die spannende Frage ist: Wie viel Einfluss bekommen sie? Sind sie oder die Haudraufs die Zukunft der CSU?
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