Mittelbayerische Zeitung: Ein klares Zeichen
Kommentar zum Weltkriegsgedenken in der Ukraine
Regensburg (ots)
Den 70. Jahrestag nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat die Regierung der Ukraine zum Anlass genommen, den West-Kurs des Landes zu untermauern. Erstmals in der Geschichte der unabhängigen Ukraine wurde nicht der Sieg über Hitler-Deutschland gefeiert, sondern der Millionen Opfer gedacht, die der Krieg zwischen1939 bis 1945 gefordert hat. Präsident Petro Poroschenko setzte sich auch optisch von den früheren Feiern ab. Anstelle roter Fahnen oder gar des orange-schwarzen Georgs-Bandes, das seit zehn Jahren in Russland an das Kriegsende erinnert, stand eine rote Mohnblüte symbolisch für das Gedenken. Dieses Motiv dient vor allem in den angelsächsischen Ländern zur Erinnerung an den Ersten und den Zweiten Weltkrieg. Poroschenko erntete für diese Wahl nicht nur Applaus. Auch im eigenen Land sieht er sich Kritikern gegenüber, die diese Anlehnung an den Westen nicht verstehen. Doch der Präsident will Zeichen setzen. Die Bevölkerung der Ukraine soll sehen, dass es der Regierung mit der Westorientierung ernst ist und dass eine unabhängige Ukraine dauerhaft nur Bestand hat, wenn sie sich an ihren westlichen Partnern orientiert. Auch und gerade an dem Tag, der an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert. Noch immer befindet sich die Ukraine im Krieg. Der übergroße Nachbar Russland unterstützt die Separatisten im Donbass. Dort wurde am Wochenende auch der 70. Jahrestag begangen. Die Militärparade durch die Großstadt Donezk hätte im Vergleich zur Gedenkfeier in Kiew, auf der UN-Generalsekretär Ban-Ki-Moon die aktuellen Kriegsparteien zum Frieden aufrief, kontrastreicher nicht sein können. In Donezk zogen Panzer, Raketenwerfer und an die tausend Soldaten in Kampfausstattung am Lenin-Denkmal vorbei. Der Anführer der selbsternannten "Volksrepublik Donezk", Alexander Sachartschenko, bedankte sich bei den Soldaten, die den "Donbass von den Faschisten befreit haben", mit den Worten: "Ich gratuliere Euch, Genossen." Ostorientierung in Donezk, Westorientierung in Kiew - genau das ist die Trennungslinie, die für die zerrissene Ukraine dieser Tage steht.
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