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Mittelbayerische Zeitung: Der Fall des Prinzen - Thomas de Maizière galt lange als Kronprinz der Union - bis er sich selbst aus dem Spiel nahm. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Die Union, getrieben von Horst Seehofer, will womöglich ernsthaft die absolute Mehrheit bei der nächsten Bundestagswahl anpeilen. Nun sind hohe Ziele und wohlfeile Parolen das eine, die Entscheidungen der Wähler das andere. Zugleich jedoch heißt es aus Angela Merkel nahe stehenden Kreisen, dass die Kanzlerin in zwei Jahren noch einmal als Spitzenkandidatin antreten wolle. Wer soll es auch sonst machen in der Union? Überraschend ist es keineswegs, dass Merkel sich auf die Spuren von Langzeitkanzler Helmut Kohl begibt. Der "Kanzler der Einheit" war immerhin von 1982 bis 1998 Kanzler der Bundesrepublik. Viel länger als Konrad Adenauer, von den SPD-Kanzlern Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder ganz zu schweigen. Angela Merkel ist die beliebteste deutsche Politikerin und wird regelmäßig zur mächtigsten Frau der Welt gekürt, was sich wohl nur ändern würde, wenn Hillary Clinton zur US-Präsidentin gewählt werden würde. Hinter Merkel jedoch, die mit ihrer unaufgeregten, bisweilen zaudernden, aber zugleich erfolgreichen Politik einen großen Schatten wirft, herrscht in der Union, personell betrachtet, eine große Ebbe. So richtiges Kanzlerformat haben die Ursula von der Leyen, Thomas de Maizere - wer eigentlich sonst noch? - nicht. Lange galt der jetzige Bundesinnenminister Thomas de Maizière, ein enger Vertrauter der Kanzlerin und aus dem gleichen Geburtsjahr wie Merkel, 1954, auch als deren aussichtsreicher Nachfolgekandidat. Doch das hat sich geändert. Der preußisch-emsige Innenminister, Sohn des einstigen Bundeswehrgeneralinspekteuers Ulrich de Maizere und Cousin des letzten DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizere, hat in den letzten Jahren zu viele Patzer gemacht, als dass er sich nun noch ernsthafte Aussichten auf den Kanzlerposten ausmalen könnte. De Maizière war lange Zeit eine Art Allzweckwaffe Merkels. Geräuschlos und effizient managte er das Kanzleramt und das nicht einfache Zusammenwirken der Großen Koalition in Merkels erster Amtszeit von 2005 bis 2009. Danach rückte er kurzzeitig ins Innenministerium auf, ohne dort Bäume auszureißen. Nach dem spektakulären Abschied von Karl-Theodor zu Guttenberg aus dem Verteidigungsressort übernahm er pflichtbewusst dessen Ministerium. In diesem Ressort fühlte sich der Offizierssohn und Reserveroffizier auch am wohlsten. Allerdings strauchelte er fast über die Drohnen-Affäre, die den Steuerzahler Hunderte Millionen Euro kostete. Merkel schob de Maizière, gegen dessen Willen, 2013 wieder ins Innenministerium. Die zahlreichen Pleiten im Verteidigungsressort - vom Sturmgewehr G 36, dem Transportflugzeug A400 M, bis zum neuen Kampfhubschrauber - waren in de Maizières Amtszeit weitgehend verwaltet, aber nicht entschieden bekämpft worden. Auch zurzeit gibt de Maizière in der Flüchtlingsfrage sowie der jüngsten Affäre um den Internetblog Netzpolitik.org keine gute Figur ab. Obwohl er hätte wissen müssen, dass der Vorwurf des Landesverrats, den sein Untergebener, Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen, gegen die Blogger erhob, völlig übers Ziel hinausschoss, fiel de Maizière ihm nicht in den Arm. Ein Minister, der so viele Patzer macht und kaum Erfolge vorzuweisen hat, empfiehlt sich nicht für höhere Aufgaben. Da ist es für die Union kaum ein Trost, dass es bei der SPD in der Kanzlerkandidatenfrage noch viel trüber aussieht. Weil die Sozialdemokraten keinen ernsthaften Herausforderer gegen Merkel aufzubieten haben, verfiel man jetzt auf die Idee einer Urwahl. Im Grunde hat der Kieler Landesvater Torsten Albig Recht: gegen die alles dominierende Merkel sollte 2017 gar kein Kandidat aufgeboten werden. Nur wird sich das die einst so stolze SPD hoffentlich nicht bieten lassen.

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