Mittelbayerische Zeitung: Null Punkte
Kommentar zum Eurovision Song Contest
Regensburg (ots)
ARD-Unterhaltungschef Thomas Schreiber hat heimlich Anlauf genommen - und ist unter großem Hallo und Spott beidbeinig im Fettnäpfen gelandet. Zum einen hat er den ESC-Fans die zwar meist heftig diskutierte, aber doch immer mit Spannung verfolgte Vorentscheidung genommen. Nach der Devise: Volkes Meinung soll man nicht überbewerten, wir wissen es besser. Kübelweise Wasser auf die Mühlen derer, denen die "Zwangsgebühren" ohnehin mächtig stinken. Zum anderen ist es taktlos und unverantwortlich, einen gesellschaftlich und politisch äußerst umstrittenen Musiker ohne demokratische Legitimierung nach Stockholm zu schicken. Denn dort singt Naidoo eben nicht nur für seine Fans und zum Nutzen und Frommen der Privatschatulle. In Stockholm vertritt Xavier Naidoo ganz Germany vor 200 Millionen Zuschauern - ein prominenter Irrläufer, der 2014 in Österreich mit dem "Goldenen Brett (vor dem Kopf)" und bei uns gerade erst für "die schönste Verschwörungstheorie 2015" ausgezeichnet wurde. Deutschland sei immer noch von den USA besetzt, behauptet der frisch gekrönte König Aluhut. Und auch bei den Terroranschlägen von 9/11 wurde der brave Reichsbürger hinters Licht geführt: Ein Gebäude wurde von den USA gesprengt. Wird man ja wohl sagen dürfen. Nein, darf man nicht, und daran ändert die wohlige Soulstimme nichts, die so viele Fans toll finden. Schreiber sagt: "Wenn Xavier Naidoo singt, geht die Sonne auf." Bei nicht wenigen Deutschen gehen alle Rollläden runter. Es gibt bestimmt Wichtigeres in diesen Tagen. Und trotzdem: Wirrköpfe gibt es schon genug. Wir müssen ihnen nicht auch noch eine Bühne bieten.
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