Mittelbayerische Zeitung: Die Zukunft unserer Erde - Die Welt verhandelt über den Klimaschutz. Trotz aller Widrigkeiten gibt es Chancen für einen Erfolg. Von Reinhard Zweigler
Regensburg (ots)
Es werde "die wichtigste Konferenz der Geschichte", die "Zeit für Reden ist vorbei". So hieß es 2009 vor der Weltklimakonferenz in Kopenhagen. Doch trotz der rhetorischen Beschwörungen des hochambitionierten Barack Obama produzierte der Gipfel in der dänischen Hauptstadt nur heiße Luft. Der Ausstoß von Treibhausgasen und damit die Erwärmung der Atmosphäre erreichte danach neue Rekordwerte. Doch weil das Leben weiter gehen muss, nahmen Klimaretter, Politiker, Diplomaten, Wissenschaftler und Ökonomen den Faden wieder auf, der in Kopenhagen zerrissen schien. Globaler Klimaschutz ist ein mühseliges Geschäft. Es gilt, erhebliche Widerstände zu überwinden, Rückschläge zu verkraften, neue Allianzen zu schmieden und vor allem darüber nicht das große Ziel aus dem Auge zu verlieren: Es muss der Menschheit gelingen, die von ihr selbst verursachte Erderwärmung auf zwei Grad abzubremsen und eine halbwegs klimaverträgliche Wirtschafts- und Lebensweise zu etablieren. Es geht um nicht weniger als die Zukunft unserer Erde. Trotz aller Widrigkeiten bisher, gibt es große Chancen für einen Erfolg von Paris. Vielleicht resultiert eine Chance sogar aus dem Veranstaltungsort selbst. Nachdem vor zwei Wochen islamistische Terroristen in Paris mordeten, stand auch die Klimakonferenz wegen möglicher Sicherheitsbedenken infrage. Wenn nun trotz dieser Geschehnisse rund 160 Staats- und Regierungschefs heute sprechen und fast 200 Staatsdelegationen zwei Wochen lang verhandeln werden, dann ist dies bereits ein Zeichen für die neue globale Entschlossenheit, das Klimaproblem wirklich anzugehen und die Erderwärmung zu begrenzen. Zudem ist der Problemdruck seit Kopenhagen weiter enorm gewachsen. Klimaveränderungen, Dürren, Überschwemmungen, ein steigender Meeresspiegel, sind längst weltweit spürbar - und sie werden zunehmend Flüchtlinge hervorbringen. Vielleicht mehr noch als heutige Fluchtursachen, als Krieg und Verfolgung. Es gibt auch keine ernstzunehmenden Wissenschaftler mehr, die die menschengemachte Erderwärmung leugnen. Und die Zahl der Politiker, die das Mantra des ungebremsten, energieverschwendenden Wachstums predigen, wird kleiner. Schließlich bewegen sich die größten Produzenten von Treibhausgasen, die USA, China und Indien, immer mehr auf einen Pfad des Klimaschutzes zu. Nach dem Kyoto-Protokoll von 1997, das erstmals eine Klimaschutzkonvention beschlossen hatte, war das noch anders. Washington duckte sich weg, vor allem wegen des Drucks der "alten" Wirtschaft, die auf Öl, Kohle und Gas setzt, aber auch der Republikaner. Peking schließlich reklamierte für die Entwicklung seines Milliardenvolkes weiter das Recht, die Umwelt brutal verschmutzen zu dürfen. Dass dieser Raubbau an der Natur, die gigantische Industrialisierung des kommunistischen Reichs der Mitte so nicht weiter gehen kann, haben die Chinesen inzwischen offenbar erkannt. Nicht nur wegen des beißenden Smogs über den Metropolen. Es könnte sein, dass diesmal bisherige Klimaschutzbremser mitmachen, statt weiterhin Sand ins Getriebe zu streuen. Einfach wird es trotzdem nicht. Noch rund 1500 Detailfragen sowie fünf bis sechs wirkliche "Big Points", Fragen von ausschlaggebender Bedeutung, sind in den zwei Verhandlungswochen aus dem Weg zu räumen. Dass am Ende noch kein wirklich völkerrechtsverbindlicher Vertrag zur jeweiligen nationalen Reduzierung der Treibhausgase, bewährt mit Sanktionen und Kontrollen, stehen wird, tut dem guten Anliegen der Weltklimakonferenz keinen Abbruch. Paris muss den Zug für mehr Klimaschutz erst einmal wieder in Gang setzen. Ein nochmaliges Scheitern der wiederum wichtigsten Konferenz der Geschichte kann sich die Menschheit eigentlich nicht leisten.
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