Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr
Regensburg (ots)
Als der rauhbeinige US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump kürzlich wetterte, Deutschland komme seinen Verpflichtungen zur Zahlung an die USA nicht nach, rümpften wohl nicht nur Verteidigungsexperten diesseits und jenseits des Atlantik die Nase. Dass die Mitgliedsstaaten des Nordatlantik-Paktes ihre Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung in eigener Verantwortung festlegen, war dem Möchtgern-Präsidenten offenbar nicht bekannt. Freilich steckt in der Kritik insofern ein Körnchen Wahrheit, als Deutschland weit hinter dem angestrebten Nato-Ziel bei den Wehrausgaben zurückbleibt. Statt derzeit über 30 Milliarden Euro für die Bundeswehr müsste Berlin rund 60 Milliarden Euro pro Jahr in den Wehretat stecken. Doch das ist politisch und auch finanziell eine Illusion. Zugleich ist immer wieder die Forderung zu hören, das wirtschaftlich starke Deutschland müsse sich stärker militärisch engagieren, etwa in Auslandseinsätzen. Vor knapp zwei Jahren äußerten deutsche Spitzenpolitiker auf der Münchner Sicherheitskonferenz die grundsätzliche Bereitschaft dazu, von Steinmeier, von der Leyen bis Gauck. Aber ist der vermeintliche Schlachtruf "Deutsche an die Front!" auch sinnvoll? Die Erfahrungen der vergangenen Jahre mit zahlreichen Auslandseinsätzen haben eher Besinnung, Realismus, ja Demut gelehrt. Allen voran der ziemlich erfolglose Afghanistan-Einsatz, in den Deutschland in der großen Empörung über die Anschläge vom 11. September 2011 gewissermaßen in Bündnistreue hineingestolpert ist. Kanzler Gerhard Schröder konnte seinerzeit allerdings gar nicht anders, als auch deutsche Soldaten an den Hindukusch zu entsenden. Nach den furchtbaren Bildern der einstürzenden Twin-Towers von New York, nach dem Terror der Al Kaida-Mörder, konnte sich Deutschland dem "Bündnisfall" nicht entziehen. In der Folge jedoch wurde die Bundeswehr immer mehr in schlimme Kampfeinsätze verwickelt. Allein in Afghanistan starben dabei über 50, bei Auslandseinsätzen insgesamt über 100 deutsche Soldaten. Und viele kehrten verwundet und traumatisiert zurück. Von ihnen ist leider viel zu wenig die Rede, ihnen wird viel zu wenig der Weg zurück ins "normale" Leben geebnet. Ohne dass es von der Regierung offen benannt wird, wird seit Afghanistan auch so etwas wie eine Trendumkehr betrieben. Statt auf Kampfeinsätze mit hohen Risiken und Verlusten, wird mehr auf logistische Unterstützung der militärischen Akteure in den Krisengebieten, auf Waffenlieferungen, Beobachtung und Aufklärung, auf Ausbildung der Kämpfer vor Ort gesetzt. So etwa im Fall von Syrien und Irak, wo Bundeswehrangehörige gewissermaßen "hinter der Front" im Einsatz sind, wo deutsche Aufklärungs-Tornados Daten für die alliiierten Luftstreitkräfte liefern. Es ist mit dieser zurückhaltenden Taktik zumindest gelungen, das Thema Auslandseinsätze der Bundeswehr aus der heißen innenpolitischen Debatte heraus zu halten. Allerdings ist den kriegerischen Auseinandersetzungen, dem Morden von Terroristen nicht ausschließlich mit Verhandlungen, mit Brückenbauen und Brunnenbohren beizukommen. Es müssen notfalls auch entschlossen militärische Maßnahmen ergriffen werden. Dass der Strom der Flüchtlinge so stark anschwoll, hat auch mit der Unfähigkeit der zivilisierten Welt zu tun, dort Frieden zu erzwingen. Die Bundeswehr wird sich weiter an Auslandseinsätzen beteiligen müssen. Allerdings nur an wohlüberlegten. Den Soldatinnen und Soldaten, die in diese Einsätze gehen, gebührt unser Dank.
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