Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Christine Straßer zu US-Präsidentenwahl/Republikaner
Regensburg (ots)
Ausgelaugt und gespalten gehen die Amerikaner auf die Zielgerade ihrer Präsidentenwahl. Dieser Wahlkampf hat eine geradezu zerstörerische Wirkung, weil er so heftig geführt wird und weil er der bizarrste - so bezeichnen ihn nahezu alle Beobachter - in der bisherigen US-Geschichte ist. Augenfällig ist, dass dieser Wahlkampf nicht nur die Anhänger der Republikaner und Demokraten gegeneinander aufbringt, sondern auch die Parteien in sich zerreißt. Ein Auswahlsystem für das politische Personal kommt an seine Grenzen. Am deutlichsten passiert dies in der republikanischen Partei. Der Kandidat Donald Trump entzweit Amerikas Konservative. Nachdem vor der zweiten TV-Debatte Trumps frauenverachtende Äußerungen enthüllt wurden, wandten sich einige Parteigranden angeekelt von dem Immobilienmogul ab. Trump erklärte der Parteiführung daraufhin den "Bürgerkrieg". Manche US-Beobachter erinnert die Zerreißprobe der Republikaner an das Jahr 1854. Damals spaltete sich ein progressiver Flügel von den konservativen Vorgängern ab, weil diese weiter Sklaven halten wollten. In der New York Times schreibt der einflussreiche Kolumnist Tom Friedman, dass gerade eine ähnliche Allianz der rückwärtsgewandten Kräfte zu beobachten sei. Friedman sieht eine Mischung aus Waffennarren, Tea-Party-Fanatikern, Leugnern des Klimawandels und Rassisten, die dazu führt, dass die republikanische Partei nicht wiederzuerkennen ist. Stand sie einmal für Freihandel und eine internationalistische Außenpolitik, wettert Trump genau dagegen. Nicht nur Kolumnisten wie Friedman machen sich deshalb Sorgen darüber, wie die USA ohne vernünftige Republikaner funktionieren soll. Eine Partei, die marktorientiert denkt und nicht immer alles dem Staat überlasse, sei notwendig, werfen sie ein. Andererseits ist Trump aber auch nicht wie ein Unwetter von außen über die Republikaner hereingebrochen. Die Krise ist hausgemacht, weil sich die Partei in die Geiselhaft der Tea-Party-Bewegung begeben hat. Deren biblisch-verquere Weltsicht ist immun gegen Zweifel und Argumente. Durch sie ist es unmöglich geworden, im Kongress Kompromisse auszuhandeln. Davon aber lebt ein demokratischer Prozess. Die Kandidatur Trumps ist die Fortsetzung dieses Wandels der republikanischen Partei. Trump hetzt, schimpft - und spaltet. Nun droht die einst stolze Grand Old Party von Abraham Lincoln nicht nur das Rennen ums Weiße Haus zu verlieren, sondern auch ihre Senatsmehrheit. Warum Trump trotzdem noch immer an der Spitze der republikanischen Liste steht? Nun, der Milliardär ist durch das reguläre Auswahlverfahren der Partei ganz ordnungsgemäß zum Kandidaten gekürt worden. Mit Sicherheit spielt auch eine Rolle, dass sich die Partei einen Bruch noch nicht leisten kann. Über eine mögliche Spaltung wird zwar spekuliert, doch unklar ist, welcher Seite sich in so einem Fall die wichtige Geldgeber zuwenden würden. Und nur die Seite, zu der das Geld fließt, würde politisch überleben. Die Demokraten könnten der lachende Gegenspieler sein. Zu denken, sie seien das funktionierende Gegenmodell zu den Republikanern, wäre aber ein Trugschluss. Auch die Demokraten haben eine extrem unpopuläre Kandidatin auf ihr Schild gehoben. Auch hier gilt, dass sich viele Anhänger nur schwer mit ihr anfreunden können. Hillary Clinton liegt zwar derzeit in den Umfragen vorne. Doch in diesem Wahlkampf ohne gleichen ist nichts sicher. Ausgeschlossen ist es jedenfalls nicht, dass sich kurz vor Schluss nochmals alles dreht. Sicher ist nur eines: Amerika wird so schnell nicht zur Ruhe kommen.
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