Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum Prozess zu Zugunglück: Unentschuldbar von Katia Meyer-Tien
Regensburg (ots)
Er ist beklemmend, dieser Prozess gegen den Fahrdienstleiter, der zugibt, am 9. Februar während des Dienstes mit dem Handy gespielt und zwei gegenläufige Züge auf eine eingleisige Strecke geschickt zu haben. Beklemmend deswegen, weil die Bilder der zerstörten Züge noch so präsent, die Nachrichten von den zwölf Toten, den 89 Verletzten und dem Leid der Angehörigen und Helfer noch immer so erschütternd sind. Er ist aber auch deshalb beklemmend, weil wohl jeder diese Momente schon erlebt hat, in denen aus Erfahrung Routine wird. In denen man sich dabei ertappt, dass die Gedanken abschweifen. Und die Hand unwillkürlich zum Smartphone wandert, die E-Mails checkt, die neuesten Nachrichten, die laufende Online-Auktion. Es ist unentschuldbar, dass ein Mann, dessen Entscheidungen Menschenleben betreffen, sich während der Arbeit von seinem Handy ablenken lässt. Und gleichzeitig erscheint es so menschlich. Dem Fahrdienstleiter drohen nun fünf Jahre Haft, vor allem aber ein Leben im Bewusstsein, Menschen getötet zu haben. Alle anderen müssen sich fragen, ob in Bad Aibling - und anderswo - mit moderneren Sicherungssystemen Leben hätten gerettet werden können. Im Wissen darum, dass überall dort, wo Menschen arbeiten, Fehler passieren.
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