Mittelbayerische Zeitung: Finstere Aussichten
Kommentar zur Regierungskrise in Italien
Regensburg (ots)
Die Aussichten auf eine Lösung der politischen Krise in Rom sind düster. Mit Ministerpräsident Matteo Renzi hat sich nach dem Verfassungsreferendum eine Regierung vorzeitig verabschiedet, die fest im Sattel saß. Wie es in Italien weitergeht, liegt nun einerseits in der Hand von Staatspräsident Sergio Mattarella, der die im Parlament vertretenen Parteien zu Konsultationen einberufen wird. Regulär endet die Legislaturperiode im Februar 2018, spätestens dann stehen Neuwahlen an. Mattarella ist versucht, eine Übergangsregierung einzusetzen, die mit der Neuformung des Wahlrechts eine ganz konkrete Aufgabe bekommt. Nicht weniger als auf das Staatsoberhaupt kommt es nun auch auf die Vorstellungen der Parteien an, die von ganz unterschiedlichen Interessen geleitet sind. Der Partito Democratico (PD) ist in Grabenkämpfe verstrickt und kann Neuwahlen nicht gebrauchen, Parteichef Renzi ist geschwächt. Silvio Berlusconi hat sein Ziel erreicht, er sitzt mit seiner Forza Italia (FI) nach dem Rücktritt Renzis wieder mit am Tisch der Macht. Die nicht mit herkömmlichen politischen Parametern greifbare, populistische 5-Sterne-Bewegung (M5S) um Beppe Grillo, die in Umfragen gemeinsam mit dem PD vorne liegt, verlangt sobald wie möglich Neuwahlen. Dass Italien nach der gescheiterten Verfassungsreform kein funktionierendes Wahlrecht hat, könnte sich nun fatal auswirken. Denn die drei stärksten Kräfte im Parlament belauern sich gegenseitig. Grillos Bewegung lehnte bislang jeden Kompromiss ab. Aus Furcht vor einem Wahlsieg der "5 Sterne" werden sich Sozialdemokraten und Berlusconi nicht auf ein Mehrheitswahlrecht einigen, bei dem nach Wahlen ein klarer Sieger feststeht. Die Alternative ist ein Verhältniswahlrecht mit wackeligen Mehrheiten. Italien kennt dieses Leid zur Genüge. Echte Veränderungen sind deshalb bis auf weiteres nicht in Sicht. Das Land droht in eine politische Dauerkrise und damit in Stillstand zurückzufallen.
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