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Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zur Inflation:

Regensburg (ots)

Das Desaster schröpfte die Konten und wirkt in den Köpfen gnadenlos nach. Es war kurz vor und um die Jahrtausendwende, als der Tatort-Mime Manfred Krug sein populäres Gesicht der Telekom lieh und für die angebliche "Volksaktie" trommelte, es war die Zeit, als in anderen Werbespots naseweise Abiturientinnen ihren finanztechnisch hoffnungslos verkalkten Opas Aktienfonds als Alternative zum desaströs verzinsten Sparbuch aufschwatzten. Dann platzte die New-Economy-Blase und machte aus der in diesem Land ökonomisch maßgeblichen Generation der Babyboomer gebrannte Kinder. Gleichsam reflexartig, aber natürlich auch aus wohlverstandenem Eigeninteresse preist das Deutsche Aktieninstitut aktuell wieder die mit Geld aufzuwiegenden Segnungen einer gesunden Wertpapierkultur. Denn daran krankt es. Die Hoffnung des DAI: Die steigende Inflationsrate möge angesichts der vorherrschenden Nullzinspolitik den notorisch börsenfaulen Deutschen endlich Beine machen. Gewiss, die Teuerung ist teilweise Sondereffekten wie dem Anstieg der Energiekosten im Gefolge der Drosselung der Erdölförderung geschuldet. Doch wird das Dilemma für die breite Masse der Sparer immer handfester, es lässt sich in Heller und Pfennig beziffern. Und alternative Anlageformen sind in der Ära des ultrabilligen Geldes nicht mehr so wohlfeil, wie zum Beispiel die Herolde des Aktienmarktes lauthals verkünden. An allen Ecken und Enden des Finanzkosmos droht den mühseligen und beladenen Sparern eine Blasenbildung. Immobilien? Der Kaufpreis einer Wohnung in München ist innerhalb von gerade mal sechs Jahren um sagenhafte 115 Prozent geklettert. Selbst in beschaulichen Flecken wie Fulda beträgt die Steigerung zwei Drittel. Staatsanleihen? Gut für einen ruhigen Schlaf (zumindest deutsche), schlecht für die Rendite. Bleiben also tatsächlich nur Aktien? Seit Beginn der Finanzkrise 2008 hat der Dax 146 Prozent zugelegt. Aber Experten warnen, dass sich die Kurse von der tatsächlichen Wirtschaftsleistung abkoppeln. Zudem schreit diese Anlageform nach einem langen Atem. Wer aus der Babyboomer-Generation hat den noch? Die schleichende Enteignung der Sparer birgt enorme Sprengkraft. Sie konterkariert alle Appelle der Politik zur privaten Altersvorsorge. Sie macht all jene zu Verlierern, die zum Beispiel mit Lebensversicherungen bereits in diese Vorsorge investiert hatten. Am schlimmsten aber: Der gefährliche Mix aus höheren Lebenshaltungskosten und niedrigen Zinsen lässt sich zumindest hierzulande populistisch als Argument gegen den Euro und Europa ausschlachten - und das in einer Zeit, in der die Union ohnehin mit Zweifeln an ihrer Daseinsberechtigung ringt. Nicht nur der Sparer, auch die Europäische Zentralbank steckt in einem Dilemma. Die Inflationsrate in der Euro-Zone hinkt der deutschen deutlich hinterher. Jetzt die Zinsen zu erhöhen, hieße für Mario Draghi & Co., eventuell den jüngst verzeichneten moderaten Wirtschaftsaufschwung auf dem Kontinent zu strangulieren. Die Maßnahme würde zudem einen Stresstest für die Staatshaushalte - primär im südlichen Euro-Raum - bedeuten. In der deutschen Politik wird die drohende Destabilisierung der ökonomischen Basis der Mittelschicht inzwischen durchaus thematisiert. Aber sie baut wohl darauf, dass sich die Sondereffekte einebnen und sich die Inflation mittelfristig wieder auf einem niedrigeren Stand einpendelt. Sollte dem nicht so sein, ist eine Debatte über Steuererleichterungen unvermeidbar. Je mehr der AfD die Flüchtlingskrise als Thema wegbricht, desto eher wird sie im heraufziehenden Wahlkampf wieder ihr eigentliches Steckenpferd reiten: die Krise des Euro.

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