Mittelbayerische Zeitung: Flagge zeigen
Zu undemokratischen Entwicklungen in der Türkei dürfen deutsche Politiker nicht schweigen.
Regensburg (ots)
Genug ist genug. Nicht erst seit dem unsäglichen Faschismus-Vergleich, den Justizminister Bekir Bozdag bemühte, sind die Beziehungen zwischen Berlin und Ankara auf einem Tiefpunkt angekommen. Mitglieder der türkischen Regierung nehmen für sich in Anspruch, auf deutschem Territorium ungeniert für eine undemokratische Verfassungsänderung (samt Wiedereinführung der Todesstrafe) Propaganda machen zu dürfen. Doch derlei Auftritte widersprechen nicht nur unseren Grundwerten, sie treten auch das Gastrecht mit Füßen. Obendrein wird die innertürkische Debatte, ob ein Präsidialsystem entstehen soll, nach Deutschland getragen. Doch die gehört hier nicht her. Bei allem Verständnis für die Zwänge, die Berlin etwa wegen des Flüchtlingsabkommens gegenüber Ankara hat, muss auch die Bundesregierung, muss die Kanzlerin hier klar Flagge zeigen. Zu undemokratischen Entwicklungen beim Bündnispartner Türkei dürfen deutsche Politiker nicht aus falscher Rücksichtnahme schweigen. Auch und gerade, weil Deutschland mit der Türkei auf so vielfältige Weise verbunden ist, menschlich, wirtschaftlich, politisch. Zugleich ist in der aufgeheizten Situation Entspannung angesagt. Es muss wieder direkt miteinander geredet werden. Nicht übereinander, nicht über die Medien. Dass Außenminister Sigmar Gabriel mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu nächste Woche in Berlin reden wird, ist ein kleines gutes Zeichen in stürmischer Zeit.
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