Mittelbayerische Zeitung: Trumps gefährliche Irrfahrt
Die ersten 100 Tage des "America-First-Präsidenten" im Weißen Haus erfüllen die schlimmsten Erwartungen. Leitartikel von Thomas Spang
Regensburg (ots)
Der Präsident gerierte sich in den ersten hundert Tagen im Weißen Haus wie der Anführer einer halbstarken Motorrad-Bande. Mit viel Getöse donnerten Trump und seine "America-First"-Gang von einer Sackgasse in die nächste. Den Muslimen-Bann stoppten die Gerichte, die Reform von Obama-Care scheiterte im Kongress und Mexiko zahlt natürlich nicht für die Mauer, von der bisher noch kein Meter gebaut ist. Nach dem furiosen Start irrt die Truppe nun ein wenig orientierungslos herum und fragt sich, wo sie eigentlich hinfahren wollte. Der Anführer weiß es selber nicht. Allein die Einschüchterung der elf Millionen Einwanderer ohne Papiere zeigt Wirkung im Alltag. Über Nacht führen die oft seit mehr als einem Jahrzehnt in den USA ansässigen Familien ein Leben in Angst und Schrecken vor der Willkür der Einwanderungspolizei. Ansonsten gibt Trump mal Vollgas, bremst dann wieder ab, fährt Schlangenlinien oder im Kreis - aber immer mit einem lauten Knattern. Erst nennt er die NATO obsolet, dann bezeichnet er sie als ein Bollwerk des Friedens. China mutiert nach dem Xi-Besuch in Mar-A-Lago vom schlimmen Währungsmanipulator zum besten Freund. Während Putin, der diese Auszeichnung bis dahin genoss, wegen der Russland-Affäre auf Armlänge gehalten wird. Trump schleudert Tomahawk-Raketen auf Assad, der ihm eben noch egal war. Bilder von ein "paar schönen Babys", die der Diktator mit Giftgas beschoss, machten ihn Assad temporär zum Schlächter. Dessen russische Beschützer schalteten trotz Vorwarnung nicht einmal ihre Luftabwehr-Systeme ein. Nächster Halt Nordkorea. Er zündet vor einer Taliban-Höhle in Afghanistan die "Mutter aller Bomben", um Diktator Kim-Jong-Un die "Mutter aller Nachrichten" zu senden. Doch der dürfte schon vor der amerikanischen Öffentlichkeit herausgefunden haben, dass die Armada, die Trump angeblich Richtung koreanischer Halbinsel schickte, in die gegenteilige Richtung fuhr. "America First" lautet der am Tag der Amtseinführung düster ausgestoßene Schlachtruf - aber was heißt das eigentlich? Der Narzisst im Weißen Haus liefert auf seiner Irrfahrt eine eigene Definition: "Donald Trump zuerst". Schamlos holt er Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared in den West-Wing, vermischt munter Geschäft und Politik und versteckt seine Steuererklärungen. Wer sich dem Präsidenten in den Weg stellt, muss mit seinem Bann rechnen. Journalisten stempelt er zu Volksfeinden, Richtern hält er vor, die Sicherheit zu gefährden, und nicht gefügigen Abgeordneten droht er mit politischen Konsequenzen. Und er steht mit der Wahrheit auf dem Kriegsfuß. Mal peinlich, wie bei seinem Insistieren auf den angeblich historischen Menschenmassen bei seinen Feiern zur Amtseinführung. Mal selbstzerstörerisch, wie die getwitterten Lügen über Obamas Lauschangriff auf den Trump-Tower. Auf der Strecke dieses beispiellosen Fehlstarts im Weißen Haus bleibt schon jetzt die Glaubwürdigkeit. Dass sein Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn nach nicht einmal vier Wochen im Amt über die Russland-Affäre stolperte, und FBI-Direktor James Comey vor dem Kongress enthüllte, die Bundespolizei ermittle wegen einer möglichen Kooperation Trumps mit Moskau im Wahlkampf, flößt auch nicht gerade Vertrauen ein. Dass diese Affäre wie ein Damoklesschwert-Schwert über der Präsidentschaft hängt, illustriert die zentrale Erkenntnis der ersten 100 Tage Trumps im Weißen Haus: Dieser Präsident ist alles andere als normal.
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