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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zur Wahl im Iran

Regensburg (ots)

Der Iran hat den möglicherweise freiesten und zugleich angespanntesten Wahlkampf erlebt. Der gemäßigt konservative Amtsinhaber Hassan Ruhani wurde mit klarer Mehrheit für weitere vier Jahre gewählt. Mit dem 68-Jährigen, der in Glasgow über islamische Gesetzgebung promovierte, verbinden sich vor allem für junge Iraner und für liberale Bürger große Hoffnungen: auf eine Fortführung des weltoffenen Kurses, auf mehr Demokratie und Menschenrechte, auf wirtschaftliche Entwicklung und auf Dialog und Zusammenarbeit mit anderen Staaten, vor allem mit dem Westen. Die Stimmen für Ruhani waren Willensbekundungen dafür, dass es in der Islamische Republik kein Zurück in die Vergangenheit geben darf. Seine Wahl gibt den Reformkräften Aufschwung. Wie brüchig die iranische Demokratie allerdings noch ist, konnte man schon daran ablesen, dass selbst der Wahlkampf für den amtierenden Präsidenten von den Sicherheitskräften massiv behindert wurde. Wahlkampf auf den Straßen war verboten. Wie ein Damoklesschwert hingen die dramatischen Ereignisse von 2009 über dem Land. Bei der damaligen Präsidentenwahl stand der heute immer noch unter Hausarrest stehende Reformkandidat und Anführer der Grünen Bewegung Mir Hossein Mussawi kurz davor, mit absoluter Mehrheit gewählt zu werden. Doch seinerzeit wurde nicht der Hoffnungsträger und Ex-Premier Mussawi, sondern der ultrakonservative damalige Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad zum Wahlsieger erklärt. Aus den Protesten der Opposition gegen die offenkundige Wahlfälschung folgten wochenlange Demonstrationen und Straßenschlachten. Ahmadinedschad ließ sie blutig niederschlagen. Seine Brutalität war selbst dem ultrakonservativen Revolutionsführer Chamenei zu viel. Er verbot Ahmadinedschad, der Israel von der Landkarte radieren und den Iran zurück in die Isolation führen will, eine erneute Kandidatur in diesem Jahr. Für viele Wähler mag Ruhani nur das kleinere Übel gewesen sein. Sein härtester Konkurrent um das Präsidentenamt war Ebrahim Raisi, ein ultrakonservativer Hardliner, der Rückhalt bei der islamischen Führung und bei Revolutionsführer Ayatollah Khamenei genießt und als dessen potenzieller Nachfolger gehandelt wird. Die Wahl Raisis wäre gleichbedeutend mit dem von vielen Iranern befürchteten gesellschaftlichen Rückschritt, mit internationaler Isolation gewesen. Raisi, lange Zeit einer der obersten Richter und zuletzt Generalstaatsanwalt der Islamischen Republik, wird in Verbindung gebracht mit schlimmen Menschenrechtsverletzungen und Massenhinrichtungen. In seiner Wahlkampagne versprach er den Armen soziale Wohltaten und Millionen neue Jobs. Statt der internationalen Öffnung propagierte Raisi die sogenannte Widerstandsökonomie, eine vom Westen und den internationalen Märkten weitgehend unabhängige Wirtschaft. Ruhani dagegen hat in den vergangenen vier Jahren Einiges erreicht, oft gegen den Widerstand des herrschenden islamischen Klerus. Dazu zählt das Atomabkommen, das erst nach jahrelangen, zähen Verhandlungen zustande kam und die atomare Aufrüstung des Iran verhindern soll, sowie die wirtschaftliche Wiederbelebung. So kann das Land wieder Öl exportieren. Dennoch stockt der wirtschaftliche Aufschwung. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Politischer Erfolg des gemäßigten Ruhani und auch Entspannung im Mittleren und Nahen Osten hängt nun auch vom Westen ab. Vor allem davon, ob US-Präsident Donald Trump den Weg des Dialogs und Ausgleichs mit Teheran einschlägt, den etwa Berlin und Paris gehen. Doch danach sieht es derzeit leider nicht aus.

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